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1. Januar 0001
11 Programmfunktionen

4.12 Orthotrope Flächen und Membranen

Allgemeine Beschreibung

Bei orthotropen Flächen liegen unterschiedliche Steifigkeiten in Richtung der lokalen Flächenachsen x und y vor. Damit lassen sich z. B. Brettschichtholzträger oder Rippendecken modellieren. Orthotropieeigenschaften sind nicht nur für ebene Flächen, sondern auch für Quadrangelflächen möglich.

Die orthotropen Eigenschaften können über das Material (Materialorthotropie mit unveränderlicher Geometrie), die Geometrie (uneinheitliche Flächenform bei isotropem Material) oder in kombinierter Form definiert werden.

Die allgemeine Steifigkeitsmatrix einer orthotropen Fläche in RFEM ist wie folgt:

mxmymxyvxvynxnynxy=D11D12D1300D16D17D18D22D2300D26D27D28D3300D36D37D38D44D45000D55000sym.D66D67D68D77D78D88·κxκyκxyγxzγyzεxεyγxy 

Orthotrope Flächen können nach Theorie I., II. oder III. Ordnung berechnet werden. Bei Matrizen mit reinen Membrankoeffizienten ist nur eine Analyse nach Theorie III. Ordnung möglich.

Hinweis

Ausführliche Informationen zum Thema Orthotropie finden Sie in einem englischen Dokument, das Sie bei Dlubal Software anfordern können.

Eine Orthotropie wird nicht direkt eingegeben, sondern zunächst als Parameter bei der Flächendefinition gesetzt: Beim Neuanlegen der Fläche ist die Steifigkeit als Orthotrop oder Membran orthotrop festzulegen (siehe Kapitel 4.4). Damit werden die links dargestellten Schaltflächen [Parameter bearbeiten] im Dialog bzw. in der Tabelle zugänglich.

Bild 4.121 Dialog Fläche bearbeiten - Orthotrop
Bild 4.122 Tabelle 1.12 Orthotrope Flächen und Membranen

Der Dialog gliedert sich in mehrere Register, die vom gewählten Orthotropietyp abhängig sind.

Im Abschnitt Steifigkeitsbeiwerte können die Steifigkeiten entweder global mit dem Faktor k oder individuell für die Biege-, Torsions-, Schub- und Membransteifigkeitsanteile abgemindert werden (siehe Abschnitt Steifigkeitsbeiwerte).

Im Register Steifigkeitsmatrix werden jeweils die Elemente der Matrix ausgewiesen (siehe Bild 4.121).

Hinweis

Beim RFEM 4-Import werden die Steifigkeitsmatrix-Elemente gemäß Gleichung 4.1 angepasst.

Orthotropie-Typ

Orthotrope Flächen können über Material- und Geometrieparameter oder auch direkt durch die Koeffizienten der lokalen Steifigkeitsmatrix definiert werden. Je nach Vorgabe ändern sich die Register des Dialogs.

Die Orthotropietypen werden auf den folgenden Seiten vorgestellt. Bei jeder Definitionsart ist die Äquivalente Dicke anzugeben, die zur Ermittlung des Eigengewichts angesetzt werden soll.

Konstante Dicke

Es werden die im Dialog Materialmodell - Orthotrop definierten Orthotropieeigenschaften des Materials benutzt (siehe Bild 4.48). Dieser Typ eignet sich nur für homogene, gleich dicke Flächen, deren Material ausgeprägte Orthotropieeigenschaften aufweist.

Wirksame Dicken

Im Register Wirksame Dicke können unterschiedliche Dicken in Richtung x' und in Richtung y' definiert werden, um ungleiche Steifigkeitsverhältnisse abzubilden.

Das Eigengewicht wird nicht aus den Dicken dieses Dialogs ermittelt, sondern es wird die Flächendicke benutzt, die im Dialog Fläche bearbeiten bzw. in Tabelle 1.4 Flächen eingetragen ist.

Zur Kontrolle werden die Elastizitäts- und Schubmoduln des verwendeten Materials angezeigt (siehe Kapitel 4.3). Alternativ wäre es möglich, die Orthotropieeigenschaften über das Material zu steuern und gleiche Dicken für die Richtungen x' und y' anzusetzen.

Hinweis

Für orthotrope Flächen werden keine Spannungen berechnet: Die unterschiedlichen Steifigkeitskoeffizienten hätten „verschmierte“ Ergebnisse zur Folge, da sie auf einen Mittelwert der Dicke bezogen sind. Diese Spannungen entsprechen nicht dem Orthotropiemodell.

Steifigkeitsmatrix

Die Koeffizienten der lokalen Steifigkeitsmatrix können manuell festgelegt werden.

Hinweis

Mit dieser Option lassen sich auch generierte Koeffizienten (z. B. einer Kopplung oder Rippendecke) benutzerdefiniert anpassen.

Bild 4.123 Dialog Orthotrope Fläche bearbeiten - Orthotrop, Register Steifigkeitsmatrix

Die [Info]-Schaltfläche gibt Aufschluss über die Rolle der Koeffizienten in der Steifigkeitsmatrix.

Falls die Achsen der Orthotropie nicht mit den Achsen des Element-Koordinatensystems übereinstimmen, müssen die Matrizen transformiert werden (siehe [4], S. 305 - 313).

Falls sich bei der Kontrolle vor der Berechnung herausstellt, dass die Steifigkeitsmatrix nicht positiv definit ist, sind entsprechende Anpassungen der Koeffizienten erforderlich.

Kopplung

Damit lassen sich Verbindungen zwischen Flächen oder Stäben modellieren, die durch Kopplungselemente aus iso- oder orthotropem Material gegeben sind.

Im Dialogregister Kopplung sind die Parameter Kopplungsdicke dp, Kopplungsabstand a und Koppelbreite b gemäß Schema anzugeben. Ein realistisches Kopplungsmodell liegt vor, wenn der Abstand a größer ist als die Breite b der gekoppelten Elemente.

Die effektive Dicke d* ermittelt sich gemäß folgender Gleichung:

d*=dpba 

Rippendecke

Die orthotropen Eigenschaften einer Rippendecke beruhen auf dem Prinzip einer einachsig gespannten Plattenbalkendecke. RFEM ermittelt die Steifigkeiten aus den Geometrieparametern Deckendicke dp, Rippenhöhe dr, Rippenabstand a und Rippenbreite b, die im Dialogregister Rippendecke gemäß Schema anzugeben sind.

Bitte beachten Sie, dass die Entwicklung von Rissen (z. B. Zustand II für Beton) bei der Ermittlung der Steifigkeiten nicht berücksichtigt wird. Es sind nur isotrope Materialien zulässig.

Kassettendecke

Dieser Deckentyp ist durch Stege charakterisiert, die sich orthogonal in einem gleichmäßigen Raster kreuzen und so die Decke kassettenartig gliedern. Die orthotropen Eigenschaften lassen sich wie bei einer Rippendecke (siehe oben) anhand der Geometrie beschreiben. Hierzu sind die Steifigkeitsparameter für zwei Richtungen anzugeben.

Im Dialogregister Kassettendecke sind die Parameter Deckendicke dp sowie Rippenhöhe dr Rippenabstand a und Rippenbreite b für die Richtungen x' und y' gemäß Schema anzugeben.

Trapezblech

Die Möglichkeit, Trapezbleche als Flächen mit Orthotropieeigenschaften abzubilden, erleichtert die Modellierungsaufgabe erheblich. RFEM ermittelt die Steifigkeitskoeffizienten aus den Geometrieparametern des Profils. Dabei sind nur isotrope Materialien zulässig.

Im Dialogregister Trapezblech sind die Parameter Blechdicke t, Gesamtprofilhöhe h, Rippenabstand a, Sickenbreite oben bt und Sickenbreite bb gemäß Schema anzugeben.

Hohlkörperdecke mit runden/rechteckigen Hohlräumen

Hohlkörper in einer Decke reduzieren das Eigengewicht, begünstigen jedoch ein orthotropes Tragverhalten. RFEM ermittelt die Steifigkeiten aus den Geometrieparametern Deckendicke dp bzw. Profilhöhe h und obere/untere Plattendicke dp, Hohlkörper- bzw. Rippenabstand a sowie Hohlkörperdurchmesser bzw. Rippenbreite b. Die Parameter sind im Dialogregister Hohlkörperdecke gemäß Schema anzugeben.

Wie bei den übrigen geometrischen Orthotropien (Wirksame Dicken, Trapezblech, Rippen- und Kassettendecke, Trägerrost) sind nur isotrope Materialien zulässig.

Trägerrost

Ein Trägerrost kann nicht nur als Stabmodell, sondern auch als orthotrope Fläche abgebildet werden. Wie bei den übrigen geometrischen Orthotropien sind nur isotrope Materialien zulässig.

RFEM ermittelt die Steifigkeitskoeffizienten aus den Geometrieparametern Deckendicke dp, Rippenabstand ax' und ay' sowie Rippenbreite bx' und by', die im Dialogregister Trägerrost gemäß Schema anzugeben sind.

Hinweis

Details zur Ermittlung der Steifigkeitsanteile aus den Geometrievorgaben finden Sie in einem englischen Dokument, das Sie bei Dlubal Software anfordern können.

Orthotropierichtung β

Die Orthotropierichtung ist auf die lokalen Achsen x und y der Fläche bezogen. Der Winkel β beschreibt die Drehung der x'-Achse zur lokalen x-Achse der Fläche. Er bewirkt, dass die Matrizen transformiert werden, die im Register Transformierte Steifigkeitsmatrix abrufbar sind.

Die Koordinatensysteme der Flächen können über den Zeigen-Navigator oder das Kontextmenü einer Fläche eingeblendet werden (siehe Bild 4.122).

Bild 4.124 Fläche-Kontextmenü zur Darstellung des lokalen Flächenachsensystems xyz

Ein positiver Winkel β ist rechtsschraubig um die positive lokale z-Achse der Fläche definiert.

Steifigkeitsbeiwerte

Die Steifigkeiten können global mit dem Faktor k oder individuell für die Biege-, Torsions-, Schub- und Membrananteile der Matrix (siehe Gleichung 4.20) abgemindert werden.

Alle Steifigkeitselemente

Alle Koeffizienten der Steifigkeitsmatrix werden global mit einem Faktor multipliziert.

Biegesteifigkeitselemente

Über den Faktor kb können die Koeffizienten D11, D12, D22 und D33 der Steifigkeitsmatrix angepasst werden, die die Biegeanteile repräsentieren. Es sind Faktoren zwischen 0 (keine Biegesteifigkeit) und 1 (volle Biegesteifigkeit) zulässig.

Drillsteifigkeitselemente

Das Eingabefeld k33 steuert den Faktor für die Torsionssteifigkeit D33 um die Achsen x' und y'. Die Bandbreite reicht dabei von 0 (keine Drillsteifigkeit) bis 1 (volle Drillsteifigkeit). Ein kleiner Wert empfiehlt sich z. B. bei Verbundkonstruktionen mit semisteifen Verbindungen.

Schubsteifigkeitselemente

Die Faktoren k44 und k55 beeinflussen die Koeffizienten D44 und D55 der Matrix (Schubanteile).

Membransteifigkeitselemente

Über den Faktor km können die Koeffizienten D66, D77, D67 und D88 der Steifigkeitsmatrix angepasst werden, die die Normalkraftanteile repräsentieren. Es sind Faktoren zwischen 0 (keine Membransteifigkeit ) und 1 (volle Membransteifigkeit) zulässig.

Literatur
[4] Ivan Němec und Vladimír Kolář. Finite Element Analysis of Structures - Principles and Praxis. Shaker Verlag, Aachen, 2010.
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