Mögliche Belastungssituationen
Die Belastung ergibt sich durch die Hauptnormalkräfte n1 und n2, wobei die Hauptnormalkraft n1 unter Berücksichtigung des Vorzeichens stets größer ist als die Hauptnormalkraft n2.
Je nach Vorzeichen der Hauptnormalkräfte werden verschiedene Belastungssituationen unterschieden.
In einer Hauptnormalkraftmatrix ergeben sich folgende Bezeichnungen der einzelnen Belastungssituationen (n1 hier als nI bezeichnet, n2 als nII):
Die Ermittlung der Bemessungsnormalkräfte mithilfe Gleichung 2.5 bis Gleichung 2.7 ist für die Belastungssituationen Elliptischer Zug und Hyperbolischer Zustand in den vorherigen Abschnitten erläutert. Für die Belastungssituation Parabolischer Zug ergeben sich die Bemessungsnormalkräfte in gleicher Weise. Der Wert k ist in Gleichung 2.5 bis Gleichung 2.7 mit Null anzusetzen.
Es sind noch die Bemessungsnormalkräfte für folgende Belastungssituationen zu erklären.
Gleichung 2.5 bis Gleichung 2.7 werden unverändert angewandt, auch wenn die beiden Hauptnormalkräfte n1 und n2 negativ sind. Ergibt sich für jede der drei Bewehrungsrichtungen eine negative Bemessungsnormalkraft, wird keine der eingelegten Bewehrungsscharen aktiviert. Der Beton ist in der Lage, alleine die Hauptnormalkräfte abzutragen, also ohne die Ausbildung eines auf Zug beanspruchten Bewehrungsnetzes, das durch eine Betondruckstrebe ausgesteift wird.
Die Annahme, dass sich zur Aufnahme der Hauptnormalkräfte Betondruckkräfte in Richtung der eingelegten Bewehrung ausbilden, ist rein hypothetisch. Es liegt der Wunsch zu Grunde, eine Aufteilung der Hauptdruckkräfte in Richtung der einzelnen Bewehrungsscharen zu erhalten, um so die z.B. in EN 1992-1-1, Abschnitt 9.2.1.1 geforderte Mindestdruckbewehrung bestimmen zu können. Hierzu wird der statisch erforderliche Betonquerschnitt benötigt, der nur mithilfe der zuvor ermittelten Betondruckkräfte in Richtung der eingelegten Bewehrung ermittelt werden kann.
Zwar kommen andere Normen bei der Ermittlung der Mindestdruckbewehrung ohne einen statisch erforderlichen Betonquerschnitt aus, der sich aus der transformierten Hauptnormalkraft in eine Bemessungsnormalkraft ergibt. Aber für ein einheitliches normenübergreifendes Transformationsverfahren werden die Hauptdruckkräfte auch für diese Normen in die definierten Bewehrungsrichtungen transformiert. Untersuchungen haben gezeigt, dass die Bemessung mit transformierten Druckkräften auf der sicheren Seite liegt. Es werden die Betonpressungen nachgewiesen, die dann in Richtung der einzelnen Bewehrungsscharen auftreten.
Ist jedoch nach der Transformation mindestens eine der Bemessungsnormalkräfte positiv, so wird für diesen Belastungszustand das Bewehrungsnetz aktiviert. Wie in Kapitel 2.3.2 und Kapitel 2.3.3 beschrieben ist dann ein inneres Kräftegleichgewicht in Form von zwei Bewehrungsscharen und einer gewählten Betondruckstrebe herzustellen.
Gleichung 2.5 bis Gleichung 2.7 werden unverändert angewandt. Ist die Richtung der beiden Hauptnormalkräfte identisch mit der Richtung der beiden Bewehrungsscharen, sind die Bemessungsnormalkräfte gleich den Hauptnormalkräften.
Weichen die Hauptnormalkräfte von den Bewehrungsrichtungen ab, so wird wieder das Gleichgewicht zwischen einer Druckstrebe im Beton und den Bemessungsnormalkräften in den Bewehrungsscharen gesucht. Es werden dabei für die Richtung der Druckstrebe wieder die beiden Zwischenwinkel zwischen den Bewehrungsscharen untersucht. Wie beim elliptischen Zug gilt: Die Annahme einer Druckstrebenrichtung gilt dann als korrekt, wenn die Druckstrebe tatsächlich eine negative Bemessungskraft erhält. Finden sich für beide Druckstrebenrichtungen zulässige Lösungen, so entscheidet der kleinste Betrag aller Bemessungsnormalkräfte, welche Lösung gewählt wird.
Ist die Bemessungsnormalkraft für eine Bewehrungsrichtung eine Druckkraft, wird zunächst kontrolliert, ob der Beton diese Bemessungsnormalkraft aufnehmen kann. Ist dies nicht der Fall, wird eine Druckbewehrung ermittelt.
In dieser Belastungssituation ist die Hauptnormalkraft n1 Null. Da der Quotient k = n2 / n1 nicht mehr gebildet werden kann, lassen sich Gleichung 2.5 bis Gleichung 2.7 nicht in gewohnter Weise verwenden. Es sind folgende Modifikationen notwendig.
Mit diesen modifizierten Gleichungen wird in gleicher Weise nach den Bemessungsnormalkräften in den beiden Bewehrungsscharen und einer Bemessungsnormalkraft für den Beton gesucht. Ist eine Bewehrungsschar richtungsidentisch mit der einwirkenden Hauptnormalkraft, so ist ihre Bemessungsnormalkraft die Hauptnormalkraft. Anderenfalls finden sich wieder Lösungen mit einer Druckstrebe zwischen den beiden Bewehrungsscharen.
Es werden die oben vorgestellten Formeln gemäß Gleichung 2.13 verwendet.
Falls die Hauptnormalkraft in Richtung einer Bewehrungsschar verläuft, werden (wie beim parabolischen Zug) Lösungen für eine Druckstrebenrichtung zwischen der ersten und der zweiten Bewehrungsrichtung bzw. der ersten und der dritten Bewehrungsrichtung untersucht. Es entscheidet wieder der kleinste Betrag aller Bemessungsnormalkräfte, welche Lösung gewählt wird.