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1. Januar 0001

2.2.6 Kriechen und Schwinden

Kriechen und Schwinden

Ermittlung der Eingangsgrößen

Dieses Kapitel gibt einen Überblick über die zeitabhängigen Spannungen und Dehnungen aus Kriechen und Schwinden. Der Kriech- und Schwindeinfluss wird im analytischen Gebrauchstauglichkeitsnachweis für die Bestimmung der Verformung verwendet. Der Ansatz von Kriechen und Schwinden in der nichtlinearen Berechnung wird im Kapitel 2.4.6 erläutert.

Kriechen bezeichnet die zeitabhängige Verformung des Betons unter Belastung über einen bestimmten Zeitraum. Die wesentlichen Einflussgrößen sind ähnlich denen des Schwindens, wobei zusätzlich die sogenannte kriecherzeugende Spannung einen wichtigen Einfluss auf die Kriechverformungen hat. Besondere Beachtung bedarf dabei die Dauer der Belastung, der Zeitpunkt der Lastaufbringung sowie die Höhe der Beanspruchung. Die Größe, durch die das Kriechen erfasst wird, ist die Kriechzahl φ (t, t0) zum betrachteten Zeitpunkt t.

Schwinden beschreibt eine zeitabhängige Änderung des Volumens ohne Einwirkung von äußeren Lasten oder Temperatur. Auf die weitere Verzweigung des Schwindproblems in einzelne Erscheinungsformen (Trocknungsschwinden, autogenes Schwinden, plastisches Schwinden und Karbonatisierungsschwinden) wird hier nicht näher eingegangen. Wesentliche Einflussgrößen des Schwindens sind die relative Luftfeuchte, die wirksame Bauteildicke, die Gesteinskörnung, die Betonfestigkeit, der Wasserzementwert, die Temperatur sowie die Art und Dauer der Nachbehandlung. Die Größe, durch die das Schwinden erfasst wird, ist das Schwindmaß εc,s (t, ts) zum betrachteten Zeitpunkt t.

Im Folgenden wird die Ermittlung der Kriechzahl φ (t, t0) und des Schwindmaßes εc,s (t, ts) gemäß EN 1992-1-1, Abschnitt 3.1.4 und Anhang B vorgestellt.

Kriechzahl φ (t, t0)

Voraussetzung zur Anwendung der nachfolgenden Formeln ist, dass die kriecherzeugende Spannung σc der einwirkenden Dauerlast folgenden Wert nicht überschreitet:

σc  0.45 · fckj 

mit

    • fckj : Zylinderdruckfestigkeit des Betons zum Zeitpunkt des Aufbringens der kriecherzeugenden Spannung
Bild 2.5 Kriecherzeugende Spannung

Unter der Annahme eines linearen Kriechverhaltens (σc ≤ 0.45 ⋅ fckj) kann das Kriechen des Betons durch eine Abminderung des Elastizitätsmoduls für den Beton erfasst werden.

Ec,eff = Ecm1 + φeff t,t0 

mit

    • Ecm : mittlerer Elastizitätsmodul nach EN 1992-1-1, Tabelle 3.1
    • φeff (t, t0) : effektive Kriechzahl, φeff (t, t0) = φ (t, t0) ⋅ MQS / MEd
    • t : Betonalter zum betrachteten Zeitpunkt in Tagen
    • t0 : Betonalter zu Belastungsbeginn in Tagen

Die Kriechzahl φ (t, t0) zum untersuchten Zeitpunkt t darf wie folgt berechnet werden:

φt,t0 = φRH · βfcm · βt0 · βt,t0 

mit

φRH = 1 + 1 - RH1000.1 · h03 · α1 · α2 

    • RH : Relative Luftfeuchte in [%]
    • h0 : Wirksame Bauteildicke in [mm]
      • h0 = 2 ∙ Ac / u
      • Ac : Querschnittsfläche
      • u : Querschnittsumfang
    • α1, α2 : Anpassungsfaktoren
      • α1 = (35 / fcm)0.7
      • α2 = (35 / fcm)0.2
      • fcm : Mittelwert der Zylinderdruckfestigkeit

βfcm = 16.8fcm

    • fcm : Mittelwert der Zylinderdruckfestigkeit des Betons in [N/mm2]

βt0 = 10.1 + t00.20 

    • t0 : Betonalter zu Belastungsbeginn in Tagen

βt,t0 = t - t0βH + t - t00.3 

      • t : Betonalter zum betrachteten Zeitpunkt in Tagen
      • t0 : Betonalter zu Belastungsbeginn in Tagen
      • βH = 1.5 ⋅ [1 + (0.012 ⋅ RH)18] ⋅ h0 + 250 ⋅ α3 ≤ 1500 ⋅ α3
        • RH : Relative Luftfeuchte in [%]
        • h0 : Wirksame Bauteildicke [mm]
        • α3 : Anpassungsfaktor
        • α3 = (35 / fcm)0.5 1.0

Folgende Eingaben sind zur Berechnung der Kriechzahl erforderlich:

  • RH : Relative Luftfeuchte in [%]
  • t0 : Betonalter zu Belastungsbeginn in Tagen
  • t : Betonalter zum betrachteten Zeitpunkt in Tagen (wahlweise ∞)

Der Einfluss hoher oder niedriger Temperatur in einem Bereich von 0°C bis 80°C auf den Aushärtungsgrad des Betons kann durch eine Korrektur des Betonalters durch folgende Gleichung berücksichtigt werden:

tT = i=1n e-4000273 + Tti - 13.65  · ti 

mit

Tabelle 2.1

n

Anzahl der Perioden mit gleicher Temperatur

T (Δti)

Temperatur in [°C] während des Zeitraums Δti

Δti

Anzahl der Tage mit dieser Temperatur T

Der Einfluss der Zementart auf die Kriechzahl des Betons kann dadurch berücksichtigt werden, dass das Belastungsalter t0 mit Hilfe folgender Formel verändert wird:

t0 = t0,T · 1 + 92 + t0,T1.2α  0.5 

mit

Tabelle 2.1

t0,T = tT

Wirksames Betonalter bei Belastungsbeginn unter Berücksichtigung des Einflusses der Temperatur

α

Exponent, abhängig von der Zementart, siehe Tabelle 2.2

Tabelle 2.2 Exponent α
α Zementart

−1

langsam erhärtende Zemente der Klasse S

0

normal oder schnell erhärtende Zemente der Klasse N

1

schnell erhärtende hochfeste Zemente der Klasse R

Beispiel
Tabelle 2.2 Querschnitt
Bild 2.6

Beton C25/30
Zement CEM 42,5 N
RH: 50%
Zwei Temperaturwechsel:
6 Tage - Temperatur 15 °C
8 Tage - Temperatur 7 °C
Betrachtetes Betonalter tk: 365 Tage

Betonalter bei Kriechbeginn:

tτ = i=1n e-4000273 + τti - 13.65 · ti = e-4000273 + τti - 13.65  · 6 + e-4000273 + τti - 13.65 · 8 =     = 8.96 Tage

Betonalter unter Einfluss der Zementart:

t0 = t0,τ · 1 + 92 + t0,τ1.2α = 8.96 · 1 + 92 + 8.961.20 =8.96 Tage

Wirksame Bauteildicken:

h0 = 2 · Acu = 2 · 0.3 · 0.52 · 0.3 + 0.5 = 0.1875 cm 

Kriechzahl:

φt,t0 = φRH · βfcm · βt0 · βct,t0 = 1.933· 2.923 · 0.606 · 0.758 = 2.595 

mit

φRH = 1 + 1 - RH1000.1 · h03 · α1 · α2 = 1 + 1 - 501000.1 · 187.53 · 1.042 ·1.012 = 1.933           α1 = 35fcm0.7 = 35330.7 = 1.042          α2 = 35fcm0.2 = 35330.2 = 1.012 

βfcm = 16.8fcm = 16.833 = 2.923 

βt0 = 10.1 + t00.2 = 10.1 + 8.960.2 = 0.606 

βc t, t0 = t - t0βH + t - t00.3 = 365 - 8.96538.779 + 365 - 8.960.3 = 0.758 

βH = 1.5 1 + (0.012 · RH)18 · h0 + 250 · α3 =      = 1.5 · 1 + 0.012 · 5018 · 187.5 + 250 · 1.030 = 538.779

βH  1500 · α3 = 1500 · 1.030 = 1545         α3 = 35330.5 = 1.030

Schwindmaß ε (t, t )

Bei der Ermittlung des Schwindmaßes ε (t, ts) gemäß EN 1992-1-1, Abschnitt 3.1.4 kann die Schwinddehnung εcs (t) aus der Summe der Komponenten autogenes Schwinden εca (t) und Trocknungsschwinden εca (t, ts) berechnet werden.

εcs t = εca t + εcd t,ts 

Die autogene Schwinddehnung εca (Schrumpfen) zum betrachteten Zeitpunkt (t) folgt aus:

εcat = βas t · εca 

mit

βas (t) = 1 - e-0.2·t 

εca  = 2.5 · fck - 10 · 10-6       fck in [N/mm2] 

Der Anteil aus Trocknungsschwinden εcd ermittelt sich wie folgt:

εcd t,ts = βds t,ts · kh · εcd,0 fcm 

mit

βdst,ts = t - tst - ts + 0.04 · h03 

          • t Betonalter in Tagen zum betrachteten Zeitpunkt
          • ts Betonalter in Tagen zum Beginn des Schwindens
          • h0 Wirksame Querschnittsdicke in [mm] : h0 = 2 ⋅ Ac / u

εcd,0 = 0.85 ·220 + 110 +αds1 · e-αds2 fcmfcm0 · 10-6 · βRH 

      • fcm : Mittlere Zylinderdruckfestigkeit des Betons in [N/mm2]
      • fcm0 : 10 N/mm2
Tabelle 2.3 αds1 und αds2

Zementklasse

Merkmal

αds1

αds2

S

Langsam erhärtend

3

0.13

N

Normal erhärtend

4

 0.12

R

Schnell erhärtend

6

0.11

βRH = 1.55 · 1 - RHRH03     

          • RH Relative Luftfeuchte der Umgebung in [%]
          • RH0 100 %
Beispiel

Beton C25/30

Zement CEM 42.5 N

RH: 50 %

Betonalter ts bei Schwindbeginn: 28 Tage

Betrachtes Betonalter t: 365 Tage

Wirksame Querschnittsdicke:

h0 = 2 · Acu = 2 · 0.3 · 0.52 · 0.3 + 0.5 = 0.1875 m

Autogenes Schwinden:

εcat = βast · εca = 0.978 · 0.0000375 = 0.0000367 

mit

βast = 1 - e-0.2t0.5 = 1 - e-0.2·365 = 0.978εca = 2.5 · fck - 10 · 10-6 = 2.5 · 25 - 10 · 10-6 = 0.0000367 

Trocknungsschwinden:

εcdt,ts = βdst,ts · kh · εcd,0 = 0.766 · 0.87 · 0.000512 = 0.000341 

mit

βdst,ts = t - tst - ts + 0.04 · h03 = 365 - 28365 - 28 + 0.04 ·187.53 = 0.766 

h0 = 187.5 mm  kh = 0.87 

εcd,0 = 0.85 · 220 + 110 · αds1 · e-αds2fcmfcm0 · 10-6 · βRH =         = 0.85· 220 + 110 ·4 · e-0.123310 · 10-6 · 1.356 = 0.000512

βRH = 1.55 · 1 - RHRH03 = 1.55 · 1 - 501003 = 1.356 

Zementklasse N ⇒ αds1 = 4; αds2 = 0.12

Gesamtschwindmaß:

ε t,ts=εcd t,ts+εca t=0.0000367+0.000341=0.000378=0.378  

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