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1. Januar 0001

2.1.4 Schubübertragung in Fugen

Schubübertragung in Fugen

Bei nachträglich ergänzten Betonbauteilen muss die Übertragung der Schubkraft zwischen den unterschiedlichen Betonierabschnitten nachgewiesen werden. Diese sogenannten Schubfugen treten bei Betonbauteilen unterschiedlichen Alters auf. Hier müssen beispielsweise Anschlussfugen zwischen Bauabschnitten bei Neubau oder Sanierung oder Fugen zwischen Fertigteilen und Ortbetonergänzungen betrachtet werden.

Die Schubkraftübertragung soll dabei wie folgt nachgewiesen werden:

νEdi  νRdi 

Gleichung 2.7 EN 1992-1-1, Gl. (6.23)

Für die Berechnung der Schubspannung in der Schubfuge gibt es zwei Möglichkeiten:

1. Berechnung aus Vz,Ed und β-Faktor gemäß EN 1992-1-1, Gl. (6.24) ohne Berücksichtigung von Mz,Ed

Hier ist vEdi der Bemessungswert der aufzunehmenden Schubkraft je Längeneinheit in der Fuge. Dieser Wert wird durch [1] Gleichung (6.24) ermittelt.

vEdi = β · VEdz · bi  

Gleichung 2.8 EN 1992-1-1, Gl. (6.24)

mit

Tabelle 2.1

β

Quotient aus der Längskraft im Aufbeton und der Gesamtlängskraft in der Druck- bzw. Zugzone im betrachteten Querschnitt

VEd

Bemessungswert der einwirkenden Querkraft

z

Hebelarm des zusammengesetzten Querschnitts

bi

Breite der Kontaktfuge

Der Bemessungswert der Schubtragfähigkeit vRdi wird mit folgender Gleichung bestimmt:

vRdi = c · fctd + μ · σn + ρ · fyd · (μ · sin α + cos α)  0.5ν · fcd  

Gleichung 2.9 EN 1992-1-1, Gl. (6.25)

mit

Tabelle 2.1

c , μ

von der Rauigkeit der Fuge abhängige Beiwerte nach [1] 6.2.5 (2)

fctd

Bemessungswert der Betonzugfestigkeit nach [1] 3.1.6 (2)P

σn

kleinste Spannung rechtwinklig zur Fuge, welche gleichzeitig mit der Querkraft wirkt (positiv für Druck) mit σn < 0.6 ⋅ fcd

ρ

As / Ai
mit
As Querschnittsfläche der die Fuge kreuzenden Bewehrung
Ai Verbundfläche

α

Neigungswinkel der Verbundbewehrung

ν

Festigkeitsabminderungsbeiwert nach [1] 6.2.2 (6)

2. Berechnung aus Längskraftdifferenz in der Querschnittsergänzung aus allgemeiner Spannungsintegration

Der starre Verbund, welcher für den Nachweis der Schubfugen im GZT vorausgesetzt wird, soll vornehmlich durch Haftverbund, d. h. Adhäsion und mikromechanische Verzahnung, erreicht werden. Damit ist die Fugenbewehrung für die Übertragung der Kräfte nach Überwindung des starren Verbundes und für die Duktilität der Verbindung zuständig, während die Schubfuge ausschließlich für den Haftverbund ausgelegt werden müsste.

In den aktuellen Normen wird diesem Ansatz nur in geringem Maße Rechnung getragen. Ein verschieblicher Verbund wird zwar zugelassen, aber auf der sicheren Seite liegend konservativ abgegrenzt und durch Konstruktionsregeln ergänzt.

Bei Schubfugen, welche im Grenzzustand der Tragfähigkeit planmäßig auf verschieblichen Verbund ausgelegt sind, müssen zusätzlich Nachweise im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit geführt werden. Für diesen Fall muss der verschiebliche Verbund konsequent in die Bestimmung der Schnittgrößen und Spannungen in GZT und GZG einbezogen werden.

Eigenspannungen, die normalerweise mit Schubspannungen in der Fuge einhergehen (beispielsweise aus verschiedenem Schwindverhalten zweier Betonteile unterschiedlichen Alters), werden in der Regel nicht berücksichtigt. Die einwirkende Schubkraft vEdi wird ausschließlich aus Schnittgrößen am Querschnitt berechnet.

Bild 2.2 Schubspannungen in Fugen nach [4]

In Bild 2.2 ist ein Ausschnitt der Länge dx aus einem Balken mit Schubfuge parallel zur Bauteilachse dargestellt. Hier bewirkt das variable Biegemoment über die Länge eine Veränderung der Gurtkräfte. Es gilt beispielsweise für den Druckgurt:

dFcd = dMEdz = VEddxz 

Es besteht ein Gleichgewicht zwischen der Druckkraftänderung und den Schubspannungen in der Fuge.

τEd = dFcdbdx = VEddxbzdx = VEdbz 

Danach steht bei konstanten Hebelarm z die Beanspruchung der Schubfuge im Verhältnis zur Querkraft VEd, wobei eine gleichbleibende Normalkraft keinen Einfluss auf die Schubkraft in der Fuge parallel zur Bauteilachse hat.

Liegt die Schubfuge innerhalb der Druckzone, muss lediglich der Anteil der Gurtkraftdifferenz zwischen Fuge und Druckgurtrand übertragen werden. Damit wird τEd zu:

τEd = FcdiFcd · VEdbz 

Literatur
[1] EN 1992-1-1: Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken – Teil 1-1: Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau. Beuth Verlag GmbH, Berlin, 2004
[4] Zilch, Konrad u. Zehetmaier, Gerhard. Bemessung im konstruktiven Betonbau. Springer Verlag, 2. Auflage 2010
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