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5. August 2020

Ermittlung der Kraftresultierenden aus dem FEM-Modell für den vereinfachten Schweißnahtnachweis

Für den Nachweis der Tragfähigkeit einer Kehlnaht gibt die EN 1993-1-8 dem Anwender unter 4.5.3.3 ein vereinfachtes Verfahren in die Hand. Hiernach ist der Nachweis erbracht, wenn der Bemessungswert der einwirkenden Kraftresultierenden auf die Kehlnahtfläche kleiner als der Bemessungswert der Tragfähigkeit der Schweißnaht ist. Möchte man nun die Schweißnaht für ein Flächenmodell dimensionieren, wird man aus der Natur der FEM-Berechnungen mit einer Vielzahl von Ergebnissen konfrontiert. Im Folgenden soll daher aufgezeigt werden, wie man die Kraftkomponenten aus dem Modell bestimmen kann.

Das Modell des Fachbeitrages orientiert sich dabei am System des Knotenbleches an einer Stütze, welches auf Seite 8.67 der Fachliteratur [1] näher beschrieben wird.

System

Grundlegend besteht das System aus einer Stütze HEB 140, an deren Flansch ein Knotenblech mittels einer Doppelkehlnaht angeschweißt werden soll. Dieses verbindet die Stütze mit einem Zugstab, welcher hier jedoch unbeachtet bleiben soll. Die einwirkende Last beträgt 330 kN und wird auf die drei Schraubenlöcher verteilt in das System eingetragen. Obgleich die Last hier bekannt ist, soll die Bestimmung der benötigten Kräfte aus den Schnittgrößen des Knotenbleches erfolgen. Die Last dient nur der gedanklichen Kontrolle.

Bestimmung der Kraftresultierenden

Die Formel für die Kraftresultierende wird aus Tafel 8.66c in [1] entnommen.

Die einzelnen Kraftkomponenten können wie folgt berechnet werden.

Die Kräfte F sowie das Moment können mittels der Definition eines Schnittes bestimmt werden. Dabei sollte im Dialog des Schnittes nur das Knotenblech betrachtet werden.

Methode 1

Nach erfolgter Berechnung kann man sich grafisch die Schnittresultierenden für jeden Schnitt ausgeben lassen.

Diese Werte können nun in die entsprechenden Formeln eingesetzt werden. Die Zuordnung der Resultierenden zu den Kräften sieht in diesem Beispiel wie folgt aus.

F1⊥,Ed = PX = 165, 37 kN
F2⊥,Ed = PY = 0 kN
Fll,Ed = PZ = 285, 95 kN
MEd = MY = 8, 38 kNm

Da die Schnittresultierenden analog der globalen Achsen angeordnet sind, wären bei anderweitig liegenden Schweißnähten beziehungsweise Schnitten weitere Ergebnistransformationen nötig, um die entsprechenden Kräfte und Momente zu erhalten. Es soll daher noch eine weitere Methode aufgezeigt werden.

Methode 2

Auch hierfür kann der bereits angelegte Schnitt verwendet werden. Für die weitere Auswertung wird der zugehörige Ergebnisverlauf geöffnet.

Unter Beachtung des lokalen Flächen-Achsen-Systems werden die Grundschnittgrößen vx (= 0, da keine horizontalen Lasten), nx sowie nxy dargestellt. Die Ergebnisinterpretation der Verläufe liefert erneut die benötigten Kräfte. Einzig für die Bestimmung des Momentes bedarf es einer weiteren Berechnung. Hierzu werden die Zwischenwerte der Grundschnittgröße nx nach Excel exportiert. Das Moment ergibt sich dann aus der Summe der Kräfte der einzelnen Segmente multipliziert mit dem zugehörigen Abstand bis zur Mitte des Schnittes.

Die Ergebnisse der beiden Methoden sind identisch. Eine gedankliche Überprüfung mittels der Zerlegung der im Winkel von 30 ° angreifenden Kraft von 330 kN ergibt ebenfalls die Kräftepaare sowie das Moment von:
F⊥,Ed = 330 ⋅ sin 30 ° = 165 kN
Fll,Ed = 330 ⋅ cos 30 ° = 285 kN
MEd = 165 ⋅ 0,05 = 8, 3 kNm

Nachweis der Kehlnaht

Mittels der Kräfte sowie des Momentes kann nun die Kraftresultierende bestimmt werden.
N⊥,Ed = 165 / 34 + 8, 38 / ( 34² / 6 ) = 9, 20 kN/cm
V⊥,Ed = 0
Vll,Ed = 286 / 34 = 8, 41 kN/cm
Fw,Ed = √ 9, 2² + 8, 41² = 12, 46 kN/cm

Diese wird final dem Bemessungswert der Tragfähigkeit der Kehlnaht gegenüber gestellt. Die Kehlnahtdicke wird hierbei mit 3 mm angenommen.

Fw,Rd = ( 36 / √ 3 ⋅ 0, 8 ⋅ 1, 25 ) ⋅ 2 ⋅ 0, 3 = 12, 47 kN/cm
Fw,Ed = 12, 46 kN/cm < Fw,Rd = 12, 47 kN/cm


Autor

Herr Sühnel sorgt für die Qualitätssicherung des Programms RSTAB und ist zudem in der Produktentwicklung und im Kundensupport tätig.

Links
Referenzen
  1. Albert, A.: Schneider - Bautabellen für Ingenieure mit Berechnungshinweisen und Beispielen, 24. Auflage. Köln: Reguvis, 2020
Downloads


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