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19. Oktober 2023

Steifigkeiten für Mehrschichtige Flächen

Materialmodelle

Grundlage für die Zusammensetzung mehrschichtiger Flächen zu einer effektiven Flächensteifigkeit sind die Materialmodelle. Mit dem Add-On Mehrschichtige Flächen können die Materialmodelle frei im Programm RFEM 6 kombiniert werden. Die Grundlagen der Materialmodelle sind in den Kapiteln Materialien und Nichtlineares Materialverhalten des RFEM-Handbuchs beschrieben.

Eine Auswahl der Kombinationsmöglichkeiten der Materialmodelle ist im Modell "Mehrschichtenmodelle" angelegt (siehe rechte Spalte), das Sie zum weiteren Studium der Kombinationen herunterladen können.

Folgende Liste zeigt eine Auswahl möglicher Kombinationen:

  • Isotrope Schichten (z. B. Beton - Stahl)
  • Orthotrope Schichten (z. B. Brettsperrholz)
  • Isotrop - orthotrop (z. B. Stahl - GFK)
  • Isotrop Plastisch - Isotrop (z. B. Beton - Stahl)
  • Isotrop Nichtlinear Elastisch - Orthotrop (z. B. Beton - Holz)
  • Isotrop - Orthotrop Plastisch (z. B. Beton - Holz)
  • Isotrop Beschädigung - Orthotrop (z. B. Beton - Holz)

Info

Für die Kombination von nichtlinearen Materialien muss das Add-On Nichtlineares Materialverhalten aktiviert sein.

Steifigkeiten bei mehrschichtigen Flächen ohne Volumen

Die einfachere Berechnungsvariante im Add-On Mehrschichtige Flächen ist es, verschiedene Flächenschichten im Dickentyp 'Schichten' ohne Volumen zu definieren. Aber auch hier lassen sich die Materialmodelle frei kombinieren.

Sind die Schichten definiert, erzeugt das Add-On Mehrschichtige Flächen eine globale Steifigkeitsmatrix der Fläche. In RFEM werden für diese Fläche Schnittgrößen und Verformungen berechnet. Im jeweiligen Bemessungs-Add-On wie beispielsweise Holzbemessung oder Spannungs-Dehnungs-Berechnung werden diese Schnittgrößen dann in die jeweils vorhandenen Schichten aufgeteilt. Üblicherweise werden die Schnittgrößen an drei Integrationspunkten je Lage ausgegeben.

Im Folgenden wird die Berechnung der Steifigkeitsmatrix bei isotropem und orthotropem Material erläutert.

Berechnung der Steifigkeitsmatrix

Als Grundlagen der Materialmodelle gelten folgende Bedingungen (siehe auch Kapitel Materialien des RFEM-Handbuchs):

  • Alle Steifigkeitswerte ≥ 0
  • Gesamtsteifigkeitsmatrix der Fläche muss positiv-definit sein.
  • Grundgleichung Isotrop:

  • Grundgleichung Orthotrop:

Lokale Steifigkeitsmatrix jeder Schicht

  • Isotrop
  • Orthotrop
Info

Bei orthotropem Material wird der Schubmodul in Scheibenebene (Gxy) über die Materialwerte definiert, während er bei isotropem Material aus dem E-Modul und der Querdehnung ermittelt wird. Daher ist bei orthotropem Material die Querdehnungsbeziehung mit dem Prinzip "Ort-Ursache" wichtig.

Die Schubsteifigkeiten für orthotropes Material sind wie folgt:

Gxy Schubmodul in Scheibenebene (z. B. 690 N/mm² für C24)
Gxz Schubmodul in Richtung x über die Dicke (z. B. 690 N/mm² für C24)
Gyz Schubmodul in Richtung y über die Dicke (z. B. 690 N/mm² für C24) – auch "Rollschubmodul" bezeichnet

Bei orthotropem Material ergibt sich weiterhin die Besonderheit, dass gerichtete Steifigkeiten in einer Fläche definiert werden können. Im Standardfall entspricht die lokale Orientierung der Fläche oder Schicht in x-Richtung der Steifigkeit in x-Richtung. Da diese jedoch über den Winkel β im Dickentyp 'Schichten' frei definiert werden kann, ist es notwendig, die Steifigkeiten entsprechend zu transformieren.

Aufsummiertes Element jeder Schicht:

Biegungs- und Torsionselemente [Nm]

Die Matrixelemente für Biegung und Torsion sind in den folgenden Gleichungen angegeben.

Bei lediglich einer Schicht im Dickentyp 'Schichten' erfolgt die Berechnung anhand der im RFEM-Handbuch erläuterten Gleichungen.

Für den Schub (Elemente D44/55) greifen im Dickentyp 'Schichten' andere Gleichungen. Sie werden im Abschnitt Schub in Plattenebene vorgestellt.

Exzentrizitätsterme [Nm/m]

Bei unsymmetrischen Platten ergeben sich Exzentrizitätsterme. Eine unsymmetrische Fläche kann zum Beispiel bei der Brandschutzberechnung durch einen einseitigen Abbrand einer Brettsperrholzplatte vorliegen. Die Matrixelemente sind wie folgt:

Scheibenebene [N/m]

In der Scheibenebene werden die Normalsteifigkeiten in der Ebene der Scheibe behandelt. Mit dem Element D88 wird der Scheibenschub – also die Querkraft in der Scheibe – berechnet. Die Matrixelemente sind wie folgt:

Schub in Plattenebene [N/m]

Zur Ermittlung der Schubsteifigkeit müssen bei einem orthotropen Material die Steifigkeiten entsprechend ihrer Ausrichtung gegenüber der lokalen Flächenachse gedreht werden. Dies hat für jede Lage des Dickentyps 'Schichten' zu erfolgen. Bei einem einfachen Schichtenaufbau mit 0° Orientierung der Decklage und 90° Orientierung der darunterliegenden Schicht ergibt sich eine große Schubnachgiebigkeit, die beim Mehrschichtenmodell entsprechend berücksichtigt werden muss. Im folgenden Bild (Quelle [1]) ist dies am Beispiel einer Brettsperrholzplatte ersichtlich.

In der Laminattheorie wird die Schubsteifigkeit eines geschichteten Aufbaus über die Transformation aller Biege- und Schubanteile in die jeweiligen Richtungen jeder Lage berechnet. Weitere Information hierzu finden Sie unter anderem in der unten angegebenen Literatur.

Über die im Bild dargestellte Transformation der Steifigkeit werden die Steifigkeiten aufsummiert. Diese Aufsummierung ist auch unter dem Begriff "Grashoff-Integral" geläufig.

Zur Steifigkeitsberechnung in x- und y-Richtung wird für jeden Aufbau einer mehrschichtigen Fläche ein sogenannter Steifigkeitsschwerpunkt berechnet.

Steifigkeitsschwerpunkt in y-Richtung:

Um in der Berechnung der Schubsteifigkeit die Orientierung je Lage zu erfassen, werden die Steifigkeiten gemäß folgender Gleichungen erfasst.

G steht hierbei für die Schubsteifigkeit der Lagen, um eine Verwechslung mit den Elementen der Steifigkeitsmatrix (D) auszuschließen.

Auch die Schubsteifigkeit jeder Lage kann wie folgt in Matrizenform dargestellt werden:

Die exzentrische Schubsteifigkeit in folgender Gleichung wäre für den eingangs erwähnten symmetrischen Aufbau eines Brettsperrholzes (0°/90°/0°) immer null und somit nicht relevant. Bei einem beispielsweise diagonal verleimten Brettsperrholz DLT (Diagonal Laminated Timber) ist dieses Exzentrizitätsglied jedoch nicht null und spielt daher eine wichtige Rolle.

Weitere Informationen finden Sie unter anderem in [4] und in einem YouTube-Video.

Berechnung der Schubsteifigkeit

Die Schubsteifigkeit wird in folgenden Schritten ermittelt:

  1. Zunächst wird der Winkel der maximalen Steifigkeit bestimmt. Der Winkel φ zeigt die Änderung des lokalen Koordinatensystems x der Fläche zur orientierten Richtung x'' an.
  2. Alle Steifigkeiten werden gemäß den oben vorgestellten Gleichungen in die orientierte Richtung x'' gedreht.
  3. Die Scheibensteifigkeitsmatrix jeder Lage (3 x 3) wird vom lokalen Koordinatensystem x', y' in das gedrehte System x'', y" transformiert. Zusätzlich zur Berechnung der gerichteten Schubsteifigkeit jeder einzelnen Schicht wird dies auch für die Elastizitätsmodule jeder Schicht durchgeführt.
  4. Die Schubsteifigkeit wird mit den oben beschriebenen Gleichungen (Grashoff-Integral) berechnet. Die Schubsteifigkeit wird über die einzelnen Anteile berechnet. Hier werden die Gleichungen nur für die x-Richtung (D44) aufgezeigt. Für die y-Richtung gilt dies analog. Die äquivalente Steifigkeit (Steiner-Anteil) wird für jede Lage berechnet.
  5. Die berechneten Steifigkeiten für die orientierte Richtung eines Gesamtaufbaus werden schließlich über die Winkelbeziehungen zurück gerechnet und als originäre Steifigkeiten D44, D55 und D45 in der Steifigkeitsmatrix ausgewiesen.

Erhöhung der Schubsteifigkeit

Da über eine Modellierung von Laminaten als Fläche auch Geometrien mit sehr schmalen Flächenstreifen möglich sind, müssen bei der Berechnung von solchen problematischen Geometrien die Schubsteifigkeit entsprechend vergrößert werden.

In folgender Gleichung ist dies für die X-Richtung dargestellt

Die Länge l in obiger Gleichung bedeutet hier die kürzeste Länge einer Box, welche über die entsprechende Geometrie gelegt werden kann.

In einem weiteren Modell, welches auf der rechten Seite heruntergeladen werden kann, wurde eine schmale Fläche von einer Breite mit 10cm mit einer identischen Fläche von 20cm verglichen.

Die Schubsteifigkeit der schmalen Fläche beträgt D44=15253kN/m gegenüber D44=5970,8kN/m der breiteren Fläche. Daraus resultierend, ist trotz identischer Belastung die Verformung der steiferen Fläche geringer und die Schubbelastung größer.

Steifigkeiten bei mehrschichtigen Flächen mit integrierten Volumen

Künftig wird es im Add-On Mehrschichtige Flächen auch möglich sein, Volumen zusammen mit Flächen zu definieren. Bei diesem Typ wird ebenfalls eine Fläche nach RFEM exportiert. Da die Generierung der Steifigkeiten und die Zerlegung der Schnittgrößen aufwendiger ist, wird dies gesondert erläutert.


Referenzen
  1. Bauen mit Brettsperrholz Tragende Massivholzelemente für Wand, Decke und Dach -  Reihe 4 Teil 6 Folge 1. Informationsdienst Holz, Berlin, 2016
  2. Ebene Flächentragwerke: Grundlagen der Modellierung und Berechnung von Scheiben und Platten
  3. sons, RM (nd). Mechanik von Verbundwerkstoffen (2. Aufl.). Schneider &amp Francisco Inc., Philadelphia, 2015
  4. Arnold, M.:Mechanical Properties of Diagonal Laminated Timber (DLT) with Respect to Point-Supported Mass Timber Slabs.Dissertation in Ausarbeitung. Lehrstuhl für Holzbau und Baukonstruktion, Technische Universität München, voraussichtlich2023.
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