System
Bild 01 zeigt das symmetrische System einer punktgestützten Flachdecke mit insgesamt 16 Feldern. Das Modell wird in den Basisangaben von RFEM als 2D-System mit den Freiheitsgraden (uZ/φX/φY) angelegt.
Es liegen folgende Systemeigenschaften vor:
- Spannweite eines Feldes: 6,75 m
- Anzahl der Felder: 4 x 4
- Plattendicke: 24 cm
- Material: Beton C35/45
- Stützenabmessungen: 45/45 cm
Es stellt sich die Frage, ob die Decke als eine große Fläche oder über 16 Einzelflächen modelliert werden soll. Jede der Möglichkeiten bietet gewisse Vorteile: Eine Gesamtfläche lässt sich schneller modellieren; zudem ist der Verlauf der Schnittgrößen mx und my wegen der einheitlichen lokalen Flächenachsen eindeutig und unproblematisch im Hinblick auf die Glättung. 16 Flächen hingegen ermöglichen die einfache Zuweisung der feldweisen Flächenlasten und die sichere Erfassung der Flächen-Begrenzungslinien im FE-Netz. Im Hinblick auf die Lastkombination (siehe unten) wird die Modellierung als eine große Fläche gewählt. Die Lasten müssen in diesem Fall als freie Rechtecklasten aufgebracht werden.
Die Stützen werden als elastische Knotenlager modelliert. Hierzu wird die in Bild 02 gezeigte Funktion zur Ermittlung der Federsteifigkeiten genutzt.
Die Ermittlung der Weg- und Drehfedern erfolgt aus den Randbedingungen der Stützen. Hierzu wird eine Stützenhöhe von 3,00 m und eine Einspannung am Stützenfuß ansetzt.
Mit dieser nachgiebigen Lagerung lassen sich - wie im Fachbeitrag 000681 vorgestellt - Singularitätseffekte umgehen. Die Stützenflächen werden zudem von der Schnittgrößenausgabe ausgeklammert, sodass die Bemessungsmomente realitätsnah erfasst werden. Dieser Ansatz ist auch im Fachbeitrag 001503 beschrieben.
Belastung
Im Lastfall 1 wird das Eigengewicht der Platte automatisch berücksichtigt. Zusätzlich wird eine Ausbaulast von gk = 1,25 kN/m2 auf die gesamte Fläche angesetzt.
Die Nutzlast einschließlich Trennwandzuschlag von qk,1 = 3,25 kN/m2 (Kategorie A "Wohnflächen" gemäß Eurocode 1 [1]) wird für folgende Konstellationen in separaten Lastfällen arrangiert:
- Last auf gesamte Fläche
- Last auf "ungerade" Felder (schachbrettartige Verteilung, siehe Bild 03)
- Last auf "gerade" Felder (schachbrettartige Verteilung)
- Last auf Felder zwischen Achsen 1 und 3 sowie 4 und 5
- Last auf Felder zwischen Achsen 1 und 2 sowie 3 und 5
- Last auf Felder zwischen Achsen A und C sowie D und E
- Last auf Felder zwischen Achsen A und B sowie C und E
Diese sieben Varianten zielen auf die Ermittlung der Extremwerte von Stütz- und Feldmomenten ab. Für dieses symmetrische und übersichtliche Modell ist es nicht schwer, die Lastkonstellationen manuell zu bilden. Die Belastung nur der Innenfelder ist nicht relevant für die Extremwerte aller Stützen. Die Stützen in Achse 3 und C werden einheitlich wie die übrigen Stützen bewehrt.
Zum Vergleich: Würde man die Lasten feldweise in 16 Lastfällen definieren und in Lastkombinationen verwalten, ergäben sich über 65.000 Kombinationsmöglichkeiten.
Die Nutzlasten werden jeweils als freie Flächenlasten aufgebracht. Als Randknoten der Laststellung dienen die Stützenknoten, die jeweils grafisch ausgewählt werden können. Wird die freie Last wie in Bild 03 gezeigt für Fläche 1 definiert (anstatt für alle Flächen), so ist die Einfärbung der Last auch in Z-Ansicht zu sehen.
Alternativ wäre es möglich, die Nutzlast feldweise in Lastfällen zu definieren und mit der ständigen Last in einer Ergebniskombination zu überlagern. Dieses Vorgehen ist der sichere und generell empfehlenswerte Weg, wenn nicht abgeschätzt werden kann, welche Konstellation die maßgebenden Schnittgrößen liefert. RFEM bildet dabei die Umhüllende aus den Einwirkungen der ständigen Last und der Nutzlasten. Diese Variante ist jedoch weniger transparent im Hinblick auf die Bewertung der Plattenschnittgrößen, die für die verschiedenen Konstellationen vorliegen.
Lastkombination
Für die Überlagerung der Lastkonstellationen wird die integrierte Kombinatorik genutzt. Der Lastfall 1 stellt die ständige Einwirkung dar. Die Lastfälle 2 bis 8 wirken als veränderliche freie Einwirkungen, die alternativ zu betrachten sind.
Die Kombination der Einwirkungen für den Grenzzustand der Tragfähigkeit erfolgt für die ständige oder vorübergehende Bemessungssituation nach Eurocode 0 [2], (6.10). Da in diesem 2D-System keine Normalkräfte vorliegen, erfolgt die Schnittgrößenermittlung geometrisch linear nach Theorie I. Ordnung.
Aus diesen Vorgaben erzeugt RFEM acht Lastkombinationen mit Berücksichtigung der entsprechenden Teilsicherheitsbeiwerte. Diese Lastkombinationen werden als alternativ wirkend in eine Ergebniskombination übernommen, die die Extremwerte der einzelnen Konstellationen liefert.
Die Berechnung deckt so die umhüllenden Schnittgrößen hinreichend genau ab und bleibt dennoch überschaubar. Bei einer feldweisen Definition der Lastfälle wären die Kapazitäten des Programms deutlich überschritten.
FE-Netz
Es wird eine Länge der FE-Elemente von 45 cm angestrebt, da die Stützenabmessungen 45/45 cm betragen und 45 cm auch ein Vielfaches der Feldlänge von 6,75 m sind. RFEM verwendet Drei- und Viereckelemente für die automatische Netzgenerierung.
Die punktuellen Auflager werden jeweils an ein FE-Element mit den Abmessungen des Stützenquerschnitts von 45/45 cm angeschlossen. Für dieses FE-Element werden keine Ergebnisse ausgegeben. Dieses Element beeinflusst jedoch das umliegende FE-Netz im Stützenbereich. Um eine ausreichend genaue Anzahl an Ergebniswerten im Bereich der Stützmomente sicherzustellen, werden dort kreisförmige FE-Netzverdichtungen angeordnet.
Die Vorgaben für das FE-Netz sind wie folgt:
- FE-Länge allgemein: 45 cm
- FE-Netzverdichtung: kreisförmig an allen Lagerknoten
- Radius für Verdichtung: 1,35 m
- FE-Länge innen: 20 cm
- FE-Länge außen: 45 cm
Mit diesen Vorgaben wird das in Bild 01 dargestellte FE-Netz erzeugt.
Schnittgrößen
RFEM berechnet die Plattenschnittgrößen mit der FE-Methode. Die Stützmomente werden an den Stützenrändern ausgegeben; sie repräsentieren die Anschnittmomente. Die Bereiche der Stützenflächen selbst sind ohne Schnittgrößen.
Bild 05 zeigt die Extremwerte der Stütz- und Feldmomente in den maßgebenden Schnitten: Oben ist der Verlauf der Momente mx in Achse 2 dargestellt, unten der Verlauf der Momente my in Achse B. Wie erwartet stellt sich wegen der Symmetrie des Modells eine korrespondierende Verteilung ein.
Biegebemessung in RF-BETON Flächen
Im Zusatzmodul RF-BETON Flächen wird die Ergebniskombination EK1 für den Nachweis der Tragfähigkeit nach EN 1992-1-1 [3] mit Deutschem Nationalen Anhang ausgewählt. Als Materialien werden Beton C35/45 und Betonstahl B 500 S (A) für die Bemessung angesetzt.
In Maske "1.4 Bewehrung", Register "Längsbewehrung" wird als Grundbewehrung die Mattennummer Q335A aus der Bibliothek für die obere und untere Lage ausgewählt. Für die Zusatzbewehrung wird Stabstahl mit Durchmesser 16 mm festgelegt.
Die Betondeckung wird in Maske "1.4 Bewehrung", Register "Längsbewehrung" nach Norm für die Expositionsklasse XC1 vorgegeben. Die Betondeckung ist auf den Rand der Bewehrungsstäbe bezogen. Die erste Bewehrungsrichtung ist parallel zur der globalen Achse X ausgerichtet (Winkel φ = 0°), die zweite Bewehrungsrichtung zur Achse Y (Winkel φ = 90°).
Mit diesen Vorgaben ergeben sich folgende statische Nutzhöhen:
- Bewehrungsrichtung: 21,6 cm
- Bewehrungsrichtung: 20,8 cm
Die Bemessung nach der sogenannten "Gemischten Methode" (voreingestellt im Dialog "Details") ist bei der Bemessung von nur einer Ergebniskombination zuverlässig genug, um alle Extremwerte der Plattenmomente zu erfassen. Alternativ wäre es möglich, die acht Lastkombinationen direkt im Bemessungsfall zu untersuchen.
Die Bemessung liefert die in Bild 08 dargestellten erforderlichen Bewehrungsquerschnitte für den Verlauf der Stützmomente in den Achsen 2 und B.
Die Feldmomente werden zum Großteil von der Grundbewehrung abgedeckt. Lediglich in den Randfeldern ist eine Zusatzbewehrung von maximal 2,10 cm²/m erforderlich.
Ergebnisauswertung
Die Bemessungsdetails, die in jeder Ergebnismaske aufrufbar sind, ermöglichen eine punktweise Auswertung der Nachweise. Dort finden sich unter anderem Informationen zu den Bemessungsmomenten, Spannungen und Dehnungen des Betons und Betonstahls und Bewehrungsgraden. Die relevante Nachweisart ist unten im Dialog einzustellen.
Grafisch könnnen die Ergebnisse der Stahlbetonbemessung im RFEM-Arbeitsfenster ausgewertet werden. Dabei lassen sich die erforderliche Bewehrung, die Zusatzbewehrung und die Grundbewehrung für die einzelnen Bewehrungslagen und -richtungen jeweils separat darstellen.
Das Panel verwaltet die Farbzuordnung der Bewehrungsbereiche. Farben und Werte lassen sich hier benutzerdefiniert anpassen. Für RF-BETON Flächen können zusätzlich Bewehrungsflächen dargestellt werden, die sich mit bestimmten Stabdurchmessern und Stababständen ergeben. Die Farb- und Werteskala ist hierzu über die Panel-Schaltfläche entsprechend zu Bearbeiten.
Die benutzerdefinierten Farb- und Werteskalen können gespeichert und damit modellübergreifend genutzt werden.
Wie das Bild 11 zeigt, kann die obere Zusatzbewehrung über den Stützen durch Bewehrungsstäbe mit Ø 16 abgedeckt werden, die im Abstand von 10 cm auf einer Breite von 1,20 m verlegt werden (zum Vergleich: der im Bild dargestellte Radius des Verdichtungsbereichs beträgt 1,35 m). Unter der Berücksichtigung der Verankerungslängen können beispielsweise Stäbe mit l = 2,00 m vorgesehen werden. Der entsprechende Nachweis gemäß [3], Abschnitt 8.4 ist separat zu führen. Die Stahlspannungen können hierzu wie in Bild 10 gezeigt den Bemessungsdetails entnommen werden.
Ausblick
In diesem Beitrag wurde die Biegebemessung einer Platte für den Grenzzustand der Tragfähigkeit vorgestellt. Die Schnittgrößenermittlung und Bemessung erfolgt dabei nach linearen Verfahren. Eine nichtlineare Bemessung für den Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit kann ebenfalls in RF-BETON Flächen erfolgen. Hierzu muss jedoch der Modelltyp bei den Basisangaben auf 3D geändert werden, da die nichtlineare Berechnung auch die Flächennormalkräfte berücksichtigt.
Ergänzend sind die Durchstanznachweise im Bereich der Knotenlager zu führen. Im Fachbeitrag 001389 ist erläutert, wie die Durchstanzbewehrung einer Platte mit dem Zusatzmodul RF-STANZ Pro ermittelt werden kann.