Was ist eine kombinierte Biegebeanspruchung?
Die kombinierte Biegebeanspruchung wird durch das System (MG0, N) bestimmt, das an einem als Druckmittelpunkt bezeichneten Punkt C angesetzt wird. Der Abstand G0C wird als Exzentrizität der äußeren Kraft gegenüber dem Schwerpunkt G0 des aus Beton bestehenden Querschnitts bezeichnet.
Bei der kombinierten Biegung hängt der Wert des Biegemoments also allein von diesem Punkt ab, an dem die Reduzierung der Kräfte, hier G0, vorgenommen wird.
e0 | Exzentrizität bezogen auf den Schwerpunkt des reinen Betonquerschnitts |
MEdG0 | Bemessungswert des Biegemoments bezogen auf den Schwerpunkt des reinen Betonquerschnitts |
NEd | Bemessungswert der einwirkenden Normalkraft |
Bei der kombinierten Biegebeanspruchung ist zunächst die Lage des Druckmittelpunktes durch Berechnung von e0 zu ermitteln.
Berücksichtigung geometrischer Imperfektionen und Auswirkungen aus Theorie II. Ordnung im GZT
Bei der Analyse von Elementen und Tragwerken sind die ungünstigen Effekte möglicher geometrischer Imperfektionen des Tragwerks sowie Abweichungen in der Stellung der Lasten zu berücksichtigen. Abweichungen in den Abmessungen der Profile werden in der Regel in den Teilsicherheitsbeiwerten der Materialien berücksichtigt.
Schlankheitsgrad und Länge der einzelnstehenden Elemente
λ | Schlankheitsgrad |
l0 | ermittelte Knicklänge |
i | Trägheitsradius des ungerissenen Betonquerschnitts |
β | Knicklängenbeiwert |
l | freie Länge |
Wie in Bild 01 gezeigt, ist es in RF-BETON Stützen möglich, den Beiwert der Knicklänge β durch Modellierung der Lagerbedingungen von einzelnstehenden Elementen mit konstantem Querschnitt und der freien Länge l zu wählen.
Schlankheitsgrad bei Einzelelementen
Es wird angenommen, dass die Einflüsse aus Theorie II. Ordnung vernachlässigt werden können, wenn geprüft wird, dass der Schlankheitskoeffizient kleiner ist als das Schlankheitskriterium.
λ | Schlankheitskriterium |
λlim | Grenzschlankheit |
φef | effektive Kriechzahl |
ω | mechanischer Bewehrungsgrad |
rm | Momentenverhältnis |
M01, M02 | Algebraische Momente erster Ordnung an beiden Enden des Elements |
Berücksichtigung des Kriechens
Die Auswirkung des Kriechens muss in der Analyse zweiter Ordnung unter Berücksichtigung der allgemeinen Kriechbedingungen und der Einwirkungsdauer der verschiedenen Lasten vereinfacht über eine effektive Kriechzahl berücksichtigt werden.
φef | effektive Kriechzahl |
φ(∞,t0) | Endwert der Kriechzahl |
M0Eqp | Betriebsmoment erster Ordnung bei quasi-ständiger Einwirkungskombination |
M0Ed | Endmoment erster Ordnung bei Kombination der Bemessungslasten (einschließlich geometrischer Imperfektionen) |
Wände und Einzelstützen aus Verbänden
Bei einzelnstehenden Elementen kann der Einfluss von Imperfektionen als Exzentrizität ei berücksichtigt werden.
ei | Exzentrizität infolge Imperfektionen |
θI | globale Neigung der Struktur |
θ0 | von NA empfohlener Basiswert |
αh | Abminderungskoeffizient bezogen auf Länge |
αm | Abminderungskoeffizient bezogen auf Anzahl der Elemente, wobei m die Anzahl der vertikalen Elemente ist, die zum Gesamteffekt beitragen |
Gerade Profile mit symmetrischer Bewehrung
Um Abweichungen in den Abmessungen der Profile zu berücksichtigen, sollte im GZT das Biegemoment berechnet werden:
MEdG0 | Biegemoment |
MEd | Bemessungswert des Biegemomentes |
Δe0 | erforderliche Mindestexzentrizität |
h | Höhe des geraden Querschnitts in Biegeebene |
Berechnung von Stahl mittels Interaktionsdiagrammen
Diagramme mit Moment-Normalkraft-Interaktion sind Rechenhilfsmittel, die eine schnelle Bemessung oder Überprüfung von geradlinigen Profilen ermöglichen, bei denen sowohl die Form als auch die Verteilung des Bewehrungsstahls im Voraus festgelegt sind. Die Interaktionsdiagramme werden nur für den Grenzzustand der Tragfähigkeit erstellt. Ein Interaktionsdiagramm wird mit Hilfe zweier Kurven gezeichnet, die eine kontinuierliche und geschlossene Linie bilden, die Interaktionskurve genannt wird. Der Verlauf dieser Kurven basiert auf den Gleichungen der Resultierenden sowie des resultierenden Moments und hängt insbesondere von folgenden Parametern ab:
- Beton- und Stahlverformungsdiagramme
- Beton- und Stahlspannungsdiagramme
So werden für einen vorliegenden Querschnitt (Beton, Bewehrung, Lage des Stahls) aus den Bemessungsschnittgrößen NEd und MEdG0 Größen ohne Abmessung definiert.
νEd | reduzierte Normalkraft |
Ac | Gesamtfläche des Betonquerschnitts |
b | Breite des geraden Querschnitts in Biegeebene |
fcd | Bemessungswert der Druckfestigkeit des Betons |
μEd | Biegemoment in G0 reduziert |
ρ | mechanischer Prozentsatz der Bewehrung |
As | Bewehrungsquerschnitt |
fyd | Bemessungswert der Streckgrenze des Stahls im bewehrten Beton |
Die letzte Gleichung ermöglicht es, den erforderlichen Bewehrungsquerschnitt durch Interpolation der Kurvenfelder ρ des Interaktionsdiagramms mit Hilfe des reduzierten orthonormalen Koordinatensystems (μ, υ) zu bestimmen.
Theorie im Vergleich mit RF-BETON Stützen
An einem einfachen Beispiel werden die mit dem Zusatzmodul RF-BETON Stützen erhaltenen Ergebnisse mit den oben beschriebenen theoretischen Formeln verglichen.
- Beanspruchungen, die auf den Schwerpunkt des reinen Betons, eines Elements einer Aussteifungsstruktur reduziert sind:
- Ständig:
- Ng = 85 kN
- Mg = 90 kN.m
- Veränderlich:
- Nq = 75 kN
- Mq = 80 kNm
- Ständig:
- Materialien:
- Beton C 25/30
- Stahl: S 500
- Momentenverhältnis am Stützenfuß:
- * |M01:| / |M02 verwendet| = 1/3
Materialkennwerte
fcd | Bemessungswert der Druckfestigkeit des Betons |
αcc | Beiwert zur Berücksichtigung der Langzeiteinwirkung auf Druckfestigkeit |
fck | charakteristische Druckfestigkeit des Betons |
γc | Teilsicherheitsbeiwert für Beton |
fcd = 1 ⋅ 25 / 1,5 = 16,67 MPa
fyk | charakteristische Streckgrenze des Stahls im bewehrten Beton |
γs | Teilsicherheitsbeiwert bezogen auf Stahl im bewehrten Beton |
fyd = 500 / 1,15 = 434,78 MPa
Grenzzustand der Tragfähigkeit
Beanspruchungen der Berechnungen im Grenzzustand der Tragfähigkeit:
MEd= 1,35 ⋅ Mg+ 1,5 ⋅ Mq
MEd= 1,35 ⋅ 90 + 1,5 ⋅ 80 = 241,50 kNm
NEd= 1,35 ⋅ Ng + 1,5 ⋅ Nq
NEd= 1,35 ⋅ 85 + 1,5 ⋅ 75 = 227,25 kN
Berücksichtigung geometrischer Imperfektionen ohne Einflüsse aus Theorie II. Ordnung im GZT
Geometrische Schlankheit für einzelnstehende Elemente unter Berücksichtigung der in einem Fundamentblock eingebetteten und in einen Träger eingespannten Stütze:
l0 = √2 / 2 ⋅ l = √2 / 2 ⋅ 6,00 = 4,24 m
Trägheitsradius in der Ebene parallel zur Seite h = 55 cm
iy = h / √12 = 0,55 / √12 = 0,159 m
Trägheitsradius in der Ebene parallel zur Seite b = 24 cm
iz = b / √12 = 0,24 / √12 = 0,069 m
Schlankheitsgrade
λy = 4,24 / 0,159 = 26,67 m
λz = 4,24 / 0,069 = 61,45 m
Grenzschlankheit:
Standardmäßig berücksichtigt das Programm die Werte gemäß Kriechwirkung für A, der in RF-BETON Stützen definierten Anfangsbewehrungen für B und dem Verhältnis der Momente an Fuß und Kopf des untersuchten Stabes für C. Diese Werte können jedoch selbst definiert werden:
A = 0,7
B = 1,1
C = 1,7 - 1 / 3 = 1,37
n = ( 227,25 ⋅ 10-3 ) / ( 0,24 ⋅ 0,55 ⋅ 16,67 ) = 0,103
λlim = ( 20 ⋅ 0,7 ⋅ 1,1 ⋅ 1,37 ) / √( 0,103 ) = 65,74
λy< λlim ⟹ Berechnung bei kombinierter Biegung in der XZ-Ebene
λz< λlim ⟹ Berechnung bei einfachem Druck in der XY-Ebene
Da die Schlankheitskoeffizienten kleiner als die Grenzwerte sind, ist es nicht sinnvoll, das Teil auf Knicken zu überprüfen, und es ist ausreichend, eine Berechnung bei kombinierter Biegung durchzuführen, ohne die Effekte der zweiten Ordnung zu berücksichtigen, bei folgenden Exzentrizitätsbeanspruchungen:
e0 = e1 + ei
Exzentrizität infolge rechnerischer Beanspruchungen
e1 = MEd / NEd
e1 : Exzentrizität infolge rechnerischer Beanspruchungen
e1 = 241,50 / 227,25 = 1,063 m
Korrigierte Beanspruchungen für Berechnung bei kombinierter Biegung
Einzelnstehende Stütze eines Aussteifungverbandes:
θ0 = 1 / 200
αh = 2 / √6 = 0,816
αm = √0,5 ⋅ ( 1 + 1 / 1 ) = 1
θi = 0,816 ⋅ 1 / 200 = 0,0041
ei = 0,0041 ⋅ 4,24 / 2 = 0,0087 m
Beanspruchungen, die auf den Schwerpunkt des Betonprofils reduziert sind:
e0 = e1+ ei ≥ Δe0
e0 = 1,063 + 0,0087 = 1,072 m
Die Mindestexzentrizität wird eingehalten.
MEdG0 = 227,25 ⋅ 1,072 = 243,61 kNm
Interaktionsdiagramm für einen rechteckigen Querschnitt mit symmetrischer Bewehrung bei kombinierter Biegung
νEd = ( 227,25 ⋅ 10-3) / ( 0,24 ⋅ 0,55 ⋅ 16,67 ) = 0,103
μEd = ( 243,61 ⋅ 10-3) / ( 0,24 ⋅ 0,552 ⋅ 16,67 ) = 0,201
Das Interaktionsdiagramm zur Ermittlung der erforderlichen Bewehrung entsprechend der reduzierten Kräfte νEd, μEd ist in den Rechenhilfsmitteln der Interaktionsdiagramme zugänglich (Jean Perchat, Traité de béton armé, 3. Auflage LE MONITEUR, Frankreich, 2017).
In der grafisches Wiedergabe wird dann der gefundener Wert zwischen den Interaktionskurven ρ = 0,35 und ρ = 0,40 interpoliert, wodurch sich ρ = 0,375 ergibt.
As = ( 0,375 ⋅ 0,24 ⋅ 0,55 ⋅ 16,67 ) / ( 434,78 ) ⋅ 104 = 18,98 cm2
Der Unterschied bei der Bewehrung von 0,10 cm² ergibt sich aus der Genauigkeit des Computers bei der Interpolation der Werte des Interaktionsdiagramms.