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31. August 2020

Warum 3D-Modelle in der Tragwerksplanung?

Tragwerke sind von Natur aus dreidimensional. Weil man aber in der Vergangenheit nicht in der Lage war, Berechnungen an dreidimensionalen Modellen ohne weiteres durchzuführen, wurden die Tragwerke vereinfacht und in ebene Teilsysteme zerlegt. Mit der zunehmenden Leistungsfähigkeit von Computern und zugehöriger Software kann man heute oft auf diese Vereinfachungen verzichten.Digitale Trends, wie zum Beispiel Building Information Modeling (BIM) oder neue Möglichkeiten der Erstellung von realitätsnah visualisierten Modellen, verstärken diesen Trend. Aber haben wir von 3D-Modellen wirklich einen Vorteil oder folgen wir nur einem Trend? Nachfolgend einige Argumente für die Arbeit in 3D-Modellen.

Statisches Konzept und Stabilität

Zu Beginn eines Bauprojekts stehen umfassende Überlegungen an, wie ein Tragwerk funktionieren soll. Es stellen sich Fragen wie die der maximal möglichen Abstände für Stützen und Träger, der Lage von Dach- und Wandverbänden, der Ausführung der Fundamente. Die tragende Struktur des Gebäudes muss entworfen werden.

Schon bei scheinbar einfachen Gebäuden können sich aber bereits Fragestellungen zum möglichen Verzicht auf Aussteifungselemente oder deren optimaler Anordnung ergeben. Die Arbeit im Grundriss, Ansicht und Schnitt erleichtert das Verständnis des Lastabtrags und der Lastpfade nicht gerade. Letztlich kann man sich anhand eines 3D-Modells besser vorstellen, wo die Kräfte verlaufen und in die Fundamente abgetragen werden. Das Verständnis der Funktion des Tragwerks ist daher Grundlage für eine wirtschaftliche Planung der Gesamtkonstruktion. Das Erkennen von Stabilitätsdefiziten ist zudem sicherheitsrelevant.

In einem vereinfachten, ebenen 2D-Modell werden letztendlich Stabilitätsprobleme wie ein Ausknicken aus der Ebene oder einfaches Umkippen per Definition ausgeschlossen. Derartige Probleme treten bei der Berechnung gar nicht auf und können daher übersehen werden. Bei dreidimensionalen Berechnungen ist der Tragwerksplaner aber gezwungen, räumliche Versagensmechanismen zu bedenken. Fehler in der Tragwerkskonzeption kommen somit in den meisten Fällen zwangsläufig beim Rechenlauf zum Vorschein.

In einem 3D-Modell kann daher auch ein globales Stabilitätsversagen am Gesamtmodell besser beurteilt werden.

Building Information Modeling liefert 3D-Modelle

Die Verwendung von modernen Planungsmethoden wie Building Information Modeling basiert auf 3D-Modellen. Diese sind auch Grundlage der Tragwerksplanung und können bereits gut idealisierte Eingangsmodelle für die Berechnung liefern. Das 3D-Modell für die Statik wird damit im Idealfall bereits mitgeliefert und man kann sich Zeit sparen.

Für viele Fälle einer Vorbemessung oder einfachen statischen Beurteilung zur Findung des richtigen Tragwerks kann das ein sehr schneller und hilfreicher Weg sein. Ein weiterer Trend geht hin zur vollkommen parametrischen Entwurfsplanung, bei der die Statik komplett mit der Architektursoftware gekoppelt ist. Durch gezielte Veränderung von Parametern lassen sich so viele Varianten prüfen und automatisch berechnen.

2D nicht für alle Tragwerke und Gebäudearten ausreichend

Lässt sich das Gebäude nicht einfach in Teilstrukturen unterteilen, bei denen die Lastabtragung klar ist, dann bleibt oft gar kein anderer Weg als ein 3D-Modell zu verwenden. Nicht jedes Gebäude folgt einem regelmäßigen Raster. Dies macht den Lastabtrag kompliziert und schwer kontrollierbar. Da es Unsicherheiten gibt, wird mit maximalen Lastannahmen gearbeitet, um so auf die sichere Seite zu kommen. Dies führt aber zu unwirtschaftlichen Ergebnissen.

Simulation der Einwirkungen am Gesamtmodell oft anschaulicher und einfacher

3D-Berechnungsprogramme können für standardisierte Gebäudeformen automatisch Lasten für Einwirkungen wie Eigengewicht, Wind oder Schnee erzeugen. Dabei ist Voraussetzung, dass die Abmessungen des Gebäudes bekannt sind. Verwendet man Gesamtmodelle, dann sind diese Abmessungen einfach aus dem Modell ableitbar. Wind- und Schneelastprofile können automatisch auf das Tragwerk angesetzt werden. Bei Veränderung der Geometrie ändern sich die Lasten automatisch mit. Simulationen in einem digitalen Windkanal werden erst mit 3D-Modellen möglich.

Dynamische Analysen bei 2D-Modellen oft unzureichend

Bei Erdbebenberechnungen oder anderen dynamischen Analysen treten räumliche Eigenformen auf, die berücksichtigt werden müssen.

Ebenso sind seismische Anregungen in x- und y-Richtung entsprechend zu überlagern. Zufällige Torsionsbelastungen spielen eine Rolle. Daher ist die Verwendung von 3D-Modellen nur in einfachsten Fällen vermeidbar.

Flexibilität bei Änderungen

Der Planungsablauf ist durch Änderungen gekennzeichnet. Für den Bauablauf ist es wichtig, immer Klarheit zu haben, was statisch machbar ist und welche Veränderungen vorzunehmen sind. In einer traditionellen Positionsstatik kann dies bedeuten, dass alle Lastannahmen neu überdacht werden müssen.

Bei einem kompletten 3D-Statikmodell werden die sich verändernden Kräfte automatisch im System mitgeführt und von Bauteil zu Bauteil übertragen. Mit einem neuen Rechenlauf sind dann alle Nachweise auf den aktuellen Stand gebracht. Der anfänglich eventuell höhere Eingabeaufwand wird dadurch meist kompensiert.

Lagerungsbedingungen bei der Erstellung von Teilmodellen problematisch

Beim Herauslösen von Teilmodellen aus dem Gesamtmodell sind die Anknüpfungsstellen des Teilmodells mit Lagerdefinitionen zu versehen. Da man in den meisten Fällen die Steifigkeiten in diesen Anknüpfungsstellen nicht kennt oder nur schwer bestimmen kann, werden vereinfachend gelenkige oder starre Lager verwendet. Diese Annahmen sind nur bedingt korrekt und führen zwangsläufig zu anderen Ergebnissen im Vergleich zu Modellen, welche die Steifigkeiten in diesen Anknüpfungspunkten aus dem Gesamtmodell beziehen.

Detailstatik nur als 3D-Modell sinnvoll

Die Anwendung von 3D-Schalenmodellen, zum Beispiel bei der Bemessung von Stahlbauverbindungen, ist Stand der Technik. Ohne 3D-Lösung wären solche Analysen nicht möglich. In diesen Anwendungsfällen wird die Verwendung von 3D-Modellen gar nicht infrage gestellt, sondern sogar gefordert. Daher ist im Umkehrschluss nicht verständlich, warum 3D-Berechnungen bei der Berechnung von gesamten Gebäuden nicht verwendet werden sollten.

Nebeneffekte der 3D-Welt

Ein 3D-Berechnungsmodell veranschaulicht in vielen Fällen das Ergebnis viel verständlicher als eine Anzahl von kleineren Teilmodellen. Das Tragverhalten kann beispielsweise mit visualisierten Darstellungen von Verformungen, Spannungen und Kräften viel besser verstanden werden.

Diese Modelle vermitteln auch einen professionellen Eindruck bei den Beteiligten und sorgen so nebenbei auch für ein gutes Renommee des Tragwerkplaners. Die Modelle können direkt auch für erste Massenermittlungen und Kostenschätzungen verwendet werden. Durch die angesprochene Flexibilität können Form, Funktion und Gewicht optimiert werden.

Resümee

Viele Gründe sprechen für die Verwendung von 3D-Modellen auch in der Statik. 2D und 3D stehen aber nicht in Konkurrenz, sondern ergänzen sich. Es gibt natürlich auch einfache Fälle, bei denen ein 3D-Modell keine Vorteile bringt und richtige Ergebnisse ermittelt. In beiden Fällen obliegt letztendlich dem Ingenieur, welche Modellierungsform gewählt wird.


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