An dieser Stelle ist auf einen früheren Fachbeitrag hinzuweisen, in welchem allgemein der Nachweis des Durchstanzens nach [1] und [2] sowie der Funktionsumfang des RFEM-Zusatzmoduls RF-STANZ Pro erläutert wurde.
Beispielmodell
Es wird der Durchstanznachweis für eine 25 cm starke Stahlbetondecke der Betongüte C30/37 durchgeführt. Die Stützenabmessungen betragen 25 x 25 cm.
Im weiteren Verlauf wird lediglich der Durchstanznachweis für die Innenstütze am Anschluss an die Decke über dem 1. OG geführt. Siehe hierzu auch die in Bild 01 farblich dargestellte Durchstanzstelle. Aus der RFEM-Schnittgrößenermittlung ergibt sich in der Innenstütze im 1. OG am Stützenkopf eine Normalkraft von Nd = 442,21 kN.
Bemessung mit ausgelegten Rundschnitten
Wird in RF-STANZ Pro ein Durchstanznachweis geführt, legt das Zusatzmodul die für den Nachweis erforderlichen Rundschnitte (kritischer Rundschnitt, innere und äußere Rundschnitte) automatisch an. Auch die Voreinstellungen für die "angewendete Durchstanzlast" oder den "Lasterhöhungsfaktor ß" können im Regelfall stets beibehalten werden.
Im vorliegenden Beispiel soll die Durchstanzlast ebenfalls aus der Normalkraft der Stütze herangezogen werden. Der Lasterhöhungsfaktor ß hingegen wird anhand der "konstanten Faktoren" nach 6.4.3 (6) ermittelt. Für diese Situation (Innenstütze) ergibt sich demnach ein Lasterhöhungsfaktor ß = 1,10.
Ebenfalls abweichend von den Standardvorgaben wird eine vorhandene Längsbewehrung für den Nachweis der Durchstanztragfähigkeit vorgegeben. Dies bedeutet, dass das Modul automatisch eine Schubbewehrung anordnet, sobald die vorgegebene Längsbewehrung auf der Plattenoberseite nicht ausreichend und νRd,c < νEd ist.
Außerdem wird die vorhandene Längsbewehrung an der Plattenoberseite (lastabgewandte Seite) in beide Bewehrungsrichtungen mit Ø 12 - 10 vorgegeben, was einem Bewehrungsgehalt von 11,31 cm²/m entspricht.
An dieser Stelle sei auf die Lage der Längsbewehrung (Ø 12 - 10) hingewiesen. Die für den Nachweis zu berücksichtigende Bewehrung soll in diesem Fall eine Betondeckung von cnom = 3,5 cm einhalten. Dies ist in der Maske "1.4 Längsbewehrung" vor dem Start der Bemessung zu definieren. Hierzu wird die Lage der Bewehrung in Richtung 1 mit d1 = cnom + ds/s = 3,5 + 1,2/2 = 4,1 cm definiert. Die Betondeckung in Richtung 2 ergibt sich demnach zu d2 = d1 + ds = 5,3 cm. Die Definition der Betondeckung in der Eingabemaske "1.4 Längsbewehrung" bestimmt das Maß der statischen Höhe d und ist entsprechend vor dem Start der Berechnung anzupassen.
Nachdem die Berechnung für die genannten Eingaben durchgeführt wurde, werden die Nachweiskriterien in der Ergebnismaske "2.1 Durchstanznachweise" dargestellt. Es ergibt sich ein Durchstanzwiderstand νRd,c = 612,05 kN/m². Daraus resultiert ein Nachweiskriterium von 110 %. Der Durchstanzwiderstand ohne Durchstanzbewehrung ist damit nicht ausreichend.
Da νRd,c = 612,05 kN/m² < νEd = 674,80 kN/m² ist, wird zunächst der maximale Durchstanzwiderstand νRd,max überprüft. Gemäß 6.4.5 (3), [2] ergibt sich νRd,max zu:
νEd,u1 ≤ νRd,max = 1,4 · νRd,c,u1
νEd,u1 = 674,80 kN/m²
νRd,max = 1,4 · 612,05 kN/m² = 856,87 kN/m²
Dieser Nachweis wird mit νEd = 674,80 kN/m² < νRd,max = 856,88 kN/m² mit einer Ausnutzung von 79 % eingehalten, sodass das Modul automatisch mit der Auslegung des äußeren und der inneren Rundschnitte beginnt.
Die Lage des äußeren Rundschnitts ergibt sich nach 6.4.5 (4) Gleichung 6.54 zu:
uout = ß · VEd / (νRd,c · d)
Anmerkung: νRd,c für Querkrafttragfähigkeit ohne Querkraftbewehrung nach 6.2.2 (1)
Mit dieser Formel lässt sich also der Umfang des äußeren Rundschnitts und somit auch der Abstand lw,a vom äußeren Rundschnitt bis zum Rand der Lasteinleitungsfläche bestimmen. Dadurch kann der "durchstanzbewehrte Bereich" bestimmt werden. Gemäß 9.4.3 [1] kann der erste innere Rundschnitt in einem Abstand von 0,5 d von der Lasteinleitungsfläche angeordnet werden. Der letzte innere Rundschnitt befindet sich 1,5 d vor dem äußeren Rundschnitt. Siehe hierzu auch Bild 2.36 in [3].
Mit diesen Ansätzen ist das Modul nun in der Lage, die Anzahl und die Abstände der erforderlichen inneren Rundschnitte automatisch zu bestimmen. Dies ist in RF-STANZ Pro gemäß den standardmäßigen Bemessungsvorgaben so auch der Fall, wodurch sich in der Maske "2.1 Durchstanznachweise" für den Nachweis der Zugstrebe sowie des äußeren Rundschnitts stets ein Nachweiskriterium von 1,00 ergibt.
In der Ergebnismaske "2.2 Erforderliche Durchstanzbewehrung" wird die zu den ausgegebenen Nachweiskriterien zugehörige Längs- und Bügelbewehrung ausgegeben. In den Detailtabellen lässt sich so zum Beispiel der Abstand der einzelnen inneren Rundschnitte (Schubbewehrungsreihen) vom Rand der Lasteinleitung ablesen.
Bemessung mit definierten Rundschnitten
Aus der Bemessung mit automatisierter Lage der inneren Rundschnitte ergibt sich für dieses Beispiel für die erste Bügelreihe ein Abstand vom Rand der Lasteinleitung von 10 cm. Dieser Wert (siehe Bild 05) wird in den Ergebnisdetails mit lw für jeden der ausgelegten Rundschnitte dokumentiert. Für den zweiten inneren Rundschnitt ergibt sich lw,2 = lw,1 + sr = 0,10 m + 0,14 m = 0,24 m.
Dem Anwender steht in RF-STANZ Pro aber auch die Möglichkeit der direkten Vorgabe der Lage der äußeren und inneren Rundschnitte als Option zur Verfügung. Hierzu ist vor dem Start der Bemessung in der Eingabemaske "1.5 Durchstanzknoten" die Option "Rundschnitte" zu aktivieren. Dadurch kann, wie in diesem Beispiel gezeigt, die Anzahl und Lage der "Inneren Rundschnitte" vorgegeben werden.
Alternativ zu den automatisch ausgelegten zwei inneren Rundschnitten kann nun beispielsweise mit drei inneren Rundschnitten gerechnet werden. Hierbei können die Anzahl sowie der Abstand von der Lasteinleitungsfläche zum ersten inneren Rundschnitt lw,1 und die Abstände zwischen den inneren Rundschnitten sr vorgegeben werden.
Nach der Berechnung erhält man in der Ergebnismaske "2.2 Erforderliche Durchstanzbewehrung" ebenfalls die Ausgabe der erforderlichen Längs- und Durchstanzbewehrung mit den errechneten erforderlichen Bewehrungsquerschnitten je Rundschnitt.
Wurden die Anforderungen nach 9.4.3 [1] an die Lage der einzelnen inneren Rundschnitte beziehungsweise den äußeren Rundschnitt — zum Beispiel radialer Abstand sr der inneren Rundschnitte untereinander (≤ 0,75 d) oder der Abstand vom letzten inneren zum äußeren Rundschnitt (≤ 1,5 d) — nicht eingehalten, wird in der Ergebnismaske "2.2 Erforderliche Durchstanzbewehrung" ein entsprechender Hinweis ausgegeben. Dadurch kann eine Fehleingabe schnell erkannt und behoben werden.
Anwendungsfälle und weiterführende Informationen
Im den meisten Fällen wird der Durchstanznachweis mit RF-STANZ Pro sicherlich in der Form geführt werden, dass die Längsbewehrung auf ein baupraktisch ausführbares Maß erhöht wird, um die Durchstanzbewehrung in Form von Schubbügeln gänzlich zu vermeiden. Lässt sich die erforderliche Längsbewehrung - auch wenn der maximale Längsbewehrungsgrad φl noch nicht erreicht ist — baupraktisch nicht mehr umsetzen, bietet RF-STANZ Pro die Möglichkeit, die erforderliche Durchstanzbewehrung in Form von Schubbügeln (vertikal oder schräg) automatisiert auslegen zu lassen. Alternativ dazu steht dem Planer zusätzlich die Option des Exports der Durchstanzlast und Durchstanzgeometrie in das Bemessungsprogramm Halfen HDB zur Verfügung, in welchem alternativ zu Schubbügeln Dübelleisten bemessen werden können.
Unabhängig davon kann es vorkommen, dass eine bereits geplante Durchstanzbewehrung auf eine geänderte Lastsituation nachgewiesen werden soll. Um diese Art der "Nachrechnung" zu ermöglichen oder um einen alternativen Bewehrungsvorschlag für die Bewehrungsplanung ausarbeiten zu können, bietet RF-STANZ Pro die genannten Optionen der "Definition der Rundschnitte" an.
In diesem Zusammenhang sei auf Abschnitt 2.2.1.5 im Handbuch zu RF-STANZ Pro hingewiesen. Dort sind die Ablaufdiagramme für den Durchstanznachweis mit Durchstanzbewehrung dokumentiert, so dass auch die Einzelschritte für das Auslegen der erforderlichen Schubbewehrung nachvollzogen werden können.