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18. Juli 2024

Elbphilharmonie Hamburg: Ein Projekt, das Wellen schlug

Die Elbphilharmonie Hamburg ist ein beeindruckendes Wahrzeichen. Es verbindet optisch die Tradition der alten Hansestadt am größten Seehafen Deutschlands mit der Moderne der neu gebauten HafenCity. Das Projekt Elbphilharmonie ist absolut einzigartig und obwohl die Hamburger so stolz auf ihr neues Wahrzeichen sind, gab es beim Bau Probleme. Die Kosten stiegen auf mehr als das Zehnfache und es kam immer wieder zu Verzögerungen. Wir sehen uns die Elbphilharmonie und ihre Geschichte genauer an: Lest rein!

Jeder, der sich für Architektur und beeindruckende Gebäude interessiert, kennt das neue Wahrzeichen Hamburgs. Schillernd erhebt sich die geschwungene Glasfassade der Elbphilharmonie über dem ehrwürdigen Speicher aus den typischen roten Klinkersteinen in den Himmel.

Die Wolken ziehen weiter, die gebogenen Scheiben fangen das Licht auf und die Elbphilharmonie scheint beinahe eins mit ihrer Umgebung zu werden. Das Glas verschmilzt mit Wellen und Wolken, erhebt sich dagegen wie ein wunderschönes feuerrotes Gemälde über dem Wasser, sobald die Sonne untergeht.

Von innen und außen ist die Elbphilharmonie in Hamburg eine wahre Schönheit. Design trifft auf höchste Ingenieurskunst und erschafft ein Bauwerk, das seinesgleichen sucht. Doch so stolz die Hamburger heute auf ihre Elbphilharmonie sind, es gab auch Probleme beim Bau. Der Trend problematischer Großbauprojekte in Deutschland zeigt sich auch am größten Seehafen Deutschlands.

Die geplanten Baukosten stiegen auf mehr als das Zehnfache an, die Fertigstellung verzögerte sich über Jahre hinweg. Es gab Streitigkeiten unter den Projektbeteiligten und sogar einen kompletten Baustopp. Hat sich das alles am Ende gelohnt? Und woran liegt es überhaupt, dass solche einzigartigen Bauwerke in Deutschland immer wieder Probleme machen? Das und mehr erfahrt ihr in diesem Blogbeitrag. Viel Spaß beim Lesen!

Die Elbphilharmonie im Detail

Im Jahr 2017 wurde dieses beeindruckende Gebäude eröffnet und empfängt jedes Jahr Millionen von Besuchern. Das Architekturbüro Herzog & de Meuron erschuf hier ein nicht nur prestigeträchtiges, sondern absolut einzigartiges Bauwerk.

Die Elbphilharmonie Hamburg verbindet optisch die traditionsreiche Speicherstadt mit der modernen HafenCity. Ganze 110 m erhebt es sich über den Wasserspiegel der Elbe und ist mittlerweile das Wahrzeichen der Hansestadt.

Genutzt wird das Gebäude in ganz unterschiedlichen Bereichen. Im Glaskörper befindet sich das Herzstück der Elbphilharmonie – der berühmte große Konzertsaal. Hier empfangen 2100 Plätze Besucher aus der ganzen Welt und verwöhnen diese mit einer unvergleichlichen Akustik, die weltweit einzigartig ist. Auch ein kleinerer Saal für 550 Personen findet hier seinen Platz.

Von der 9. bis zur 20. Etage der Elbphilharmonie befindet sich im Ostteil das „The Westin Hamburg“ Hotel. Aus 244 Zimmern bietet sich den Gästen der direkte Blick auf die Elbe, die Speicherstadt und die moderne HafenCity. Der elbseitig gelegene Westteil umfasst dagegen 45 exklusive Eigentumswohnungen.

Im historischen Sockel, dem ehemaligen Kaispeicher, finden Hotelgäste eine Wellnesslandschaft auf einer Fläche von etwa 1300 m². Neben Konferenzräumen und einem Fitnessbereich befinden sich hier auch das Parkhaus und der dritte Konzertsaal, das Kaistudio 1, welches Platz für bis zu 170 Personen bietet.

Nicht nur im Inneren weiß die Elbphilharmonie in Hamburg Besucher zu begeistern. Die wellenförmige Glasfassade zieht schon von weitem Blicke auf sich und das spektakulär geformte Dach passt hervorragend in die Kulisse des Hafenbeckens.

So beeindruckend wie die Optik sind auch die Kosten für den Bau. Von einem geplanten Budget von 77 Mio. € landete das Projekt am Ende bei mehr als dem Zehnfachen: knapp 870 Mio. €. Und hier zeigt sich uns bereits einer der großen Streitpunkte, die dieses Großbauprojekt so problematisch machten. Doch wie kam es dazu?

Phasen des Projekts Elbphilharmonie

Um euch alle interessanten Details zum Bau der Elbphilharmonie möglichst übersichtlich darzustellen, gehen wir die einzelnen Bauphasen gemeinsam durch. Angefangen von der Konzeption bis hin zur Fertigstellung und Eröffnung.

Konzeption der Elbphilharmonie

Die Idee für ein spektakuläres Konzerthaus stammt ursprünglich aus den frühen 2000er Jahren. Im Auftrag der Stadt Hamburg wurde ein Architektenwettbewerb ausgeschrieben, um ein neues Wahrzeichen für die Hansestadt zu schaffen.

Dieser Auftrag war etwas ganz Besonderes. Ziel sollte es sein, ein Konzerthaus mit Hotel zu schaffen, das sowohl zur HafenCity passt, als auch sich nahtlos in das Großprojekt HafenCity einfügt. Ein Glaskörper mit wellenförmigem Dach und einzigartig strukturierter Fassade, gebaut auf der Spitze des historischen Kaispeichers A. Diese Skizze setzte sich durch und letztendlich gewann damit das Schweizer Architekturbüro Herzog & de Meuron.

Erste Vorbereitungen für den Bau der Elbphilharmonie

Der Standort der Elbphilharmonie stand mit der Spitze des Kaispeichers A in der HafenCity fest. Nun kam es darauf an, diesen historischen Backsteinspeicher in das Gesamtkonzept zu integrieren. Früher wurden hier Waren wie Kakao, Tee und Tabak gelagert. Jetzt stand eine komplette Entkernung des Gebäudes an.

Damit der Speicher den Glaskörper als Sockel zuverlässig tragen konnte, wurde das Fundament verstärkt. Erste Bodenuntersuchungen zeigten, dass der Kaispeicher A ursprünglich einer hölzernen Pfahlgründung ruhte. Um die Tragfähigkeit zu erhöhen, wurden zusätzliche Stahlbetonpfähle eingesetzt.

Auch Mikropfähle wurden an problematischen Stellen gesetzt, um die Lasten gezielt in den tragfähigen Boden abzuleiten. Zusätzliche Betonlager und Bewehrungen dienten dazu, die Bodenplatte weiter zu verstärken. So konnte sichergestellt werden, dass die Elbphilharmonie auf sicherem Boden steht.

Interessant ist außerdem, dass während der gesamten Durchführung der Verstärkungsmaßnahmen eine hydraulische Hebeanlage zum Einsatz kam. Diese hob den gesamten Kaispeicher etwas an und stabilisierte ihn, bis die Arbeiten abgeschlossen waren.

Detailarbeit an der Elbphilharmonie

Das eigentliche Design des Glaskörpers wurde mehrmals überarbeitet. Letztendlich fiel die Entscheidung für eine einzigartige Glasfassade und das markante wellenförmige Dach. Doch nicht nur von außen war die Elbphilharmonie etwas ganz Besonderes. Das gesamte Gebäudekonzept ist bis ins Detail durchdacht, auch in Hinsicht auf Nachhaltigkeit. Dafür erhielt die Elbphilharmonie sogar das „Gold“-Zertifikat der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB).

Der Große Saal und seine Weiße Haut

Eine der wohl größten Innovationen finden wir im Inneren des Gebäudes. Der „Große Saal“ ist das Herzstück des gesamten Konzerthauses. Hier spielte die Akustik zweifellos die erste Geige. Terrassenförmig, angelehnt an das Weinbergprinzip, entstand eine wahre technische Meisterleistung.

Der Konzertsaal der Elbphilharmonie wurde auf einer speziellen Betonwanne errichtet und trägt bis heute den Titel des tiefsten Konzertsaals der Welt. Spezielle elastische Lagerungen sorgen für eine akustische Entkopplung des sogenannten schwimmenden Saals. Ganze 342 Stahlfederpakete sorgen unten und 34 im Dachbereich dafür, dass Schwingungen von außen, beispielsweise von der HafenCity, gedämpft werden.

Dennoch werden Besuchermassen der HafenCity zu Zeiten eines Konzerts am öffentlichen Platz direkt über dem Großen Saal vorbeigeleitet. Die perfekte Akustik für jeden der 2100 Besucher der Konzerte in der Elbphilharmonie hat Vorrang.

Zusätzlich dazu verfügt der Große Saal über einen sogenannten akustischen Vorhang mit einer Fläche von 600 m². Dieser kann je nach Notwendigkeit zur Anpassung der Akustik heruntergelassen werden. Sogar jeder einzelne Sitz ist individuell von der Höhe her einstellbar.

Eine weltweite Neuheit in der Elbphilharmonie ist die sogenannte „Weiße Haut“. Diese befindet sich an der Decke des Großen Saals und ähnelt von unten unzähligen kleinen Fischschuppen. Hierbei handelt es sich um eine 6000 m² große Verschalung aus 10 000 individuell gefrästen Gipsfaserplatten, um in jeder Ecke des Saals mögliche Echos zu verhindern. Für dieses Design wurde der japanische Akustiker Yasuhisa Toyota beauftragt.

Lebendige Wellen auf der Glasfassade der Elbphilharmonie

Die Fassade der Elbphilharmonie war eine echte Herausforderung. Das wellenförmige Design sollte für ein dynamisches und organisches Erscheinungsbild sorgen und an das Wasser der Elbe erinnern. Schließlich ist Hamburg eng mit diesem maritimen Charakter verbunden.

Je nach Lichteinfall und Wolkendecke verschwindet der Glasriese beinahe durch die Reflektionen. Um diesen Effekt zu erreichen, plante das verantwortliche Ingenieurbüro Werner Sobek eine einschalige Glasfassade in Elementbauweise.

Die technische Umsetzbarkeit war eine große Herausforderung für die Tragwerksplanung. Denn jede der Glasplatten, welche in den Stahlrahmen der Elbphilharmonie eingesetzt werden sollten, musste individuell geformt werden. Das Ergebnis: über 1100 Unikate, manche von ihnen bis zu 4 m breit und 5 m hoch. Schon eine der Glasplatten kostete etwa 72.000 €.

Jede Platte wurde zudem mit unzähligen basaltgrauen und reflektierenden Chrompunkten bedruckt. Dadurch wurden Sicht- und Sonnenschutz gleichermaßen sichergestellt. Die Fassade der Elbphilharmonie reflektiert gut 25 % der Wärmeeinstrahlung. Das Tageslicht gelangt ins Innere und gleichzeitig ist ein Blick hinaus möglich – direkt auf die Elbe, die HafenCity und die historische Speicherstadt.

Die Fassade der Elbphilharmonie ist zu jeder Zeit wunderschön. Besonders beeindruckend ist jedoch der Farbwechsel bei Sonnenuntergang, denn dann kommt die einzigartige Form der Glasplatten zur Geltung. Die gesamte Fassade wird feuerrot von innen heraus beleuchtet: immer wieder ein beliebtes Fotomotiv.

Übrigens: Wer die Elbphilharmonie bei einem Ausflug besuchen will, hat kostenlosen Zugang zur sogenannten Plaza. Dabei handelt es sich um die breite Fuge, an welcher in 37 m Höhe der Kaispeicher in den Glaskörper übergeht. Dort genießen Besucher einen 360-Grad-Panoramablick direkt über den Hafen und die Stadt. Definitiv einen Besuch wert!

Probleme beim Bau der Elbphilharmonie

Fest steht: Die Elbphilharmonie ist bis heute eines der beeindruckendsten Gebäude überhaupt. Die Hamburger sind stolz auf ihr Wahrzeichen, doch es lief nicht alles so wie geplant. Und zwischendurch stand das Wohlwollen der Städter gegenüber ihrer Elphi empfindlich auf der Kippe.

Elbphilharmonie: Komplizierter als gedacht

Schon mit Baubeginn im Jahr 2007 wurde schnell klar, dass die technischen Herausforderungen zwar beachtet, aber deutlich unterschätzt wurden. Ein solches Gebäude wie die Elbphilharmonie gab es schlicht und einfach noch nicht.

Schon in der Bauphase der Elbphilharmonie wurden architektonische Änderungen durchgeführt. Dadurch wurden neue Berechnungen nötig. Zudem arbeitete jedes der etwa 300 Gewerke mit eigenen 2D-Plänen, vom Glasbau bis über Fassadeninstallation und Elektrik.

Sobald eines dieser Gewerke seine Pläne für die Elbphilharmonie aus irgendwelchen Gründen änderte, waren auch alle anderen gezwungen, ihre Pläne auf dieser Grundlage anzupassen. Und da so etwas recht oft passierte, kam es zu Verzögerungen im eigentlichen Bauprozess.
Dadurch mussten für viel Geld Verträge verlängert werden und ihr seht sicher bereits, in welche Richtung das führt. Die ursprüngliche Budgetschätzung von 2001 mit etwa 77 Mio. € hielt sich nicht lange.

Finanzierung der Elbphilharmonie

Lange Zeit war nicht einmal bekannt, wer das Bauprojekt Elbphilharmonie überhaupt finanzieren sollte. Letztendlich wurde bekannt gegeben, dass die Stadt Hamburg, aber auch private Investoren beteiligt waren. Genau das sollte später noch zu Problemen führen.

Bereits 2005 stiegen die voraussichtlichen Baukosten auf etwa 114 Mio. € an. Erste Bedenken wurden laut, doch weitere fünf Jahre später kam die Hiobsbotschaft: Gesamtkosten von etwa 800 Mio. € für die Fertigstellung der Elbphilharmonie Hamburg.

Etlichen Steuerzahlern blieb diese Summe geradezu im Halse stecken und breite öffentliche Kritik setzte die Verantwortlichen unter Druck. Als Reaktion darauf stellte die Stadt ein Modell der Elbphilharmonie aus über 20 000 Klemmbausteinen öffentlich aus, um die Komplexität dieses Bauprojekts zu zeigen.

Es kam sogar zu einem kompletten Baustopp der Elbphilharmonie, während die Stadt Hamburg nachträglich versuchte, mit den Architekten, den Bauunternehmern und vor allem den privaten Investoren zu verhandeln. Eine schnelle Einigung zur Übernahme der Mehrkosten war leider nicht möglich und so zogen die Parteien vor Gericht.

Erst nach einem Schiedsverfahren und langen Verhandlungen kam es zur Übereinkunft hinsichtlich der Finanzierung jeglicher Mehrkosten und der Bau wurde fortgesetzt. Im Januar 2017 war es dann so weit und die Elbphilharmonie Hamburg wurde eröffnet.

Fazit zur Elbphilharmonie Hamburg

Eine Frage bleibt: Wie konnten sich die Beteiligten am Anfang so verschätzen? Die Antwort darauf ist so aufschlussreich wie simpel. Die Elbphilharmonie war von Anfang an ein sehr komplexes Bauprojekt. Gerade durch die Integration eines modernen Konzerthauses in eine bestehende Struktur entstand eine nie dagewesene Herausforderung.

Noch dazu war der Standort der Baustelle nicht gerade ideal: direkt am Wasser. Den Großteil der Probleme verursachten wohl die Änderungen der einzelnen Gewerke an der Elbphilharmonie, vor allem durch die Architekten nach Baubeginn.

Die Umsetzbarkeit der individuellen Besonderheiten, wie z.B. die Glasplatten-Unikate der Fassade wurden völlig falsch eingeschätzt. Letztendlich war ein solches Projekt wie die Elbphilharmonie Hamburg vorher noch nicht umgesetzt worden und die Schätzungen – hinsichtlich Material, Zeit und Komplexität – lagen weit unterhalb der Realität.

Dazu kamen noch wirtschaftliche Schwankungen, wie für ein Langzeitprojekt üblich. Steigende Material- und Arbeitskosten sind über einen längeren Zeitraum schwer vorhersehbar. Zwar hatte man sich mit den Architekten und dem maßgeblich beteiligten Ingenieurbüro erfahrene Projektpartner für die Elbphilharmonie ins Boot geholt, doch innovative Bauprojekte bleiben immer bis zu einem gewissen Grad unvorhersehbar.

Wie wir bei anderen Großbauprojekten in Deutschland, beispielsweise dem Berliner Flughafen oder Stuttgart 21 sehen, ist das Bauwesen allgemein mehr als bereit, eine gewisse Risikofreude mitzubringen. Vor allem, wenn es um Bauzeit und die entstehenden Kosten geht.

Einerseits entstehen dadurch faszinierende, einzigartige Bauwerke wie die Elbphilharmonie Hamburg, andererseits wäre eine realitätsnahe Planung definitiv wünschenswert. Um solche Großbauprojekte in Zukunft termingerecht, sicher und im Rahmen der geplanten Kosten umzusetzen, muss die Baubranche endlich einen Schritt nach vorn wagen.

Wir haben die notwendigen Maßnahmen für erfolgreiche Großbauprojekte schon oft auf unserem Blog angesprochen: Transparenz der Gewerke untereinander und – ganz wichtig – Teamarbeit. Ein digital getriebenes, gemeinsames Planen aller Beteiligten spart Nerven, Zeit und Kosten. Zumindest, wenn die Planung erst komplett abgeschlossen wird, bevor der Baubeginn ansteht. Dank BIM ist das heutzutage möglich, es muss nur umgesetzt werden.


Autor

Frau Ruthe ist im Marketing als Copywriterin zuständig für die Erstellung kreativer Texte und packender Headlines.