Nachweis der Zugtragfähigkeit nach EN 1993-1-1
Die Zugtragfähigkeit eines durch Löcher geschwächten Querschnittes ergibt sich nach DIN EN 1993-1-1, Kapitel 6.2.3 (2) aus dem Minimum der folgenden Bemessungswerte:
Npl,Rd | Bemessungswert der plastischen Zugbeanspruchbarkeit des Bruttoquerschnitts |
A | Bruttoquerschnittsfläche |
fy | Streckgrenze |
γM0 | Teilsicherheitsbeiwert für Querschnittsbeanspruchbarkeit |
Nu,Rd | Bemessungswert der Zugbeanspruchbarkeit des Nettoquerschnitts |
Anet | Nettoquerschnittsfläche längs der kritischen Risslinie |
fu | Zugfestigkeit |
γM2 | Teilsicherheitsbeiwert für Querschnittsbeanspruchbarkeit bei Bruchversagen infolge Zug |
Die Nettoquerschnittsfläche ist aus der Bruttoquerschnittsfläche unter Abzug aller Öffnungen und Löcher für Verbindungsmittel zu bestimmen. Je nach Anordnung der Schraubenlöcher wird die anzusetzende Lochabzugsfläche der kritischen Risslinie angepasst.
Eingabe in RF-/STAHL EC3
Standardmäßig wird der Nachweis der Zugtragfähigkeit im Zusatzmodul nur unter Berücksichtigung der plastischen Zugbeanspruchbarkeit des Bruttoquerschnitts geführt (Formel 1). Der Nachweis nach Formel 2 kann aktiviert werden, indem für die Stäben in der Eingabemaske ‚Parameter Stäbe‘ die Option ‚Nettoquerschnittsfläche‘ ausgewählt wird. Hier ist die Eingabe einer Nettoquerschnittsfläche Anet für Stabanfang ( x = 0 ) und Stabende ( x = l ) möglich. Um die gleiche Nettoquerschnittsfläche für mehrere Stäbe gleichzeitig einzugeben, empfiehlt sich die Nutzung der Funktion ‚Eingabe setzen für Stäbe Nr.‘.
Anschließend werden beide Bemessungswerte der Zugtragfähigkeit berechnet und der Nachweis wird entsprechend DIN EN 1993-1-1 mit dem minimalen Wert geführt.
Modifikation zum Nachweis einseitig angeschlossener Winkelprofile
Für unsymmetrisch angeschlossene Bauteile, wie zum Beispiel einseitig an einem Schenkel angeschlossene Winkelprofile, gibt die DIEN EN 1993-1-8 zusätzliche Regelungen vor. Demnach darf der einseitig angeschlossene Winkel für Zugbeanspruchung wie ein zentrisch belasteter Winkel bemessen werden, wenn die Tragfähigkeit mit einem effektivem Nettoquerschnitt ermittelt wird.
Nu,Rd | Bemessungswert der Zugbeanspruchbarkeit des Nettoquerschnitts |
Anet,eff | Effektive Nettoquerschnittsfläche |
fu | Zugfestigkeit |
γM2 | Teilsicherheitsbeiwert für Querschnittsbeanspruchbarkeit bei Bruchversagen infolge Zug |
Der effektive Nettoquerschnitt kann über Modifikationsfaktoren in Abhängigkeit der Schraubenanzahl und der Lochabstände ermittelt werden. Ein zusätzlicher Abminderungsfaktor von 0,9 wie in Gleichung 1 für den Nachweis mit dem Nettoquerschnitt ist nicht mehr erforderlich. Die Eingabemaske in RF-/STAHL EC3 erlaubt zwar keine direkte Eingabe des effektiven Nettoquerschnitts, über eine einfache Umrechnung kann die einzugebende Nettoquerschnittsfläche jedoch an den Nachweis im Zusatzmodul angepasst werden.
Nachweis mit effektivem Nettoquerschnitt im Modul
Nu,Rd | Bemessungswert der Zugbeanspruchbarkeit des Nettoquerschnitts |
Anet,eff | Effektive Nettoquerschnittsfläche |
Anet* | Ersatznettoquerschnittsfläche für Eingabe in RF-/STAHL EC3 |
fu | Zugfestigkeit |
γM2 | Teilsicherheitsbeiwert für Querschnittsbeanspruchbarkeit bei Bruchversagen infolge Zug |
Beispiel
Als Auskreuzungen in Y-Richtung wurden Flachstähle 60 x 8 mm gewählt. Die Nettofläche ergibt sich für die Befestigung mit einer Schraube M20 in der kritischen Risslinie zu
Anet | Nettoquerschnittsfläche längs der kritischen Risslinie |
A | Bruttoquerschnittsfläche |
d0 | Schraubenlochdurchmesser |
t | Blechdicke |
Anet = 4,8 cm2 - 2,2 cm ⋅ 0,8 cm = 3,04 cm2
Für den Werkstoff S235 ergeben sich somit die folgenden Bemessungstragfähigkeiten:
Npl,Rd = ( 4,8 cm² ⋅ 23,5 kN/cm² ) / 1,0 = 112,8 kN
Nu,Rd = ( 0,9 ⋅ 3,04 cm² ⋅ 36 kN/cm² ) / 1,25 = 78,8 kN
Für die Auskreuzung in X-Richtung wurden gleichschenklige Winkelprofile L 75 x 8 in S355 gewählt. Der Anschluss soll an einem Winkelschenkel mit 2 hintereinander liegenden Schrauben M20 realisiert werden. Die Abmessungen werden wie folgt gewählt:
e1 = 40 mm
p1 = 60 mm
e2 = 30 mm
Die effektive Nettoquerschnittsfläche für diese Anschlusssituation ergibt sich mit dem Faktor β2 nach EN 1993-1-8 zu
β2 = 0,44
Anet,eff = β2 ⋅ Anet = 0,44 ⋅ ( 11,4 cm² - 2,2 cm ⋅ 0,8 cm ) = 4,21 cm²
Für den Werkstoff S355 ergeben sich somit die folgenden Bemessungstragfähigkeiten:
Npl,Rd = ( 11,4 cm² ⋅ 35,5 kN/cm² ) / 1,0 = 404,7 kN
Nu,Rd = ( 4,21 cm² ⋅ 49 kN/cm² ) / 1,25 = 164,9 kN
Die Eingabe in RF-STAHL EC3 erfolgt mit der Ersatznettoquerschnittsfläche:
Anet* = 4,21 cm² / 0,9 = 4,67 cm²