Bei der Modalanalyse müssen jedoch häufig Massen vernachlässigt werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Ausgabe der Modalanalyse für die Erdbebenanalyse verwendet werden soll, wo 90 % der effektiven Modalmasse in jede Richtung für die Berechnung benötigt werden.
Ein typisches Beispiel hierfür ist die Berücksichtigung von z. B. gebetteten Flächen, die zwar einen großen Anteil an der Gesamtmasse haben, aber wenig zum Schwingungsverhalten der Struktur beitragen. Bei Berücksichtigung aller Massen ist es schwierig, in solch einem Fall effektive Modalmassenfaktoren größer 90 % zu erreichen.
Da diese Probleme relativ häufig auftreten, bietet RFEM 6 die Möglichkeit, die Masse bestimmter Teile des Tragwerks für die Modalanalyse zu vernachlässigen. Wie die Massen bei der Modalanalyse berücksichtigt werden sollen, kann in den Modalanalyse-Einstellungen wie in Bild 2 dargestellt festgelegt werden. Im Unterschied zur Option "Keine Vernachlässigung", bei der keine Massen vernachlässigt werden, kann zwischen zwei Optionen gewählt werden, um Massen zu vernachlässigen: entweder vernachlässigen Sie die Masse in allen festen Knoten- und Linienlagern, oder Sie erstellen selbst eine Auswahl der einzelnen Objekte.
Erstere Option (Bild 2) ermöglicht es Ihnen, wie der Name schon sagt, die Massen in allen festen Knoten- und Linienlagern auf Null zu setzen. Dies wird vollständig vom Programm übernommen; Sie müssen keine Auswahl treffen, da das Programm die Massen, die den festen Knoten- und Linienlagern zugeordnet sind, automatisch deaktiviert.
Sie können aber auch die Option "Benutzerdefiniert" auswählen und Objekte, deren Massen für die Modalanalyse vernachlässigt werden sollen, manuell selektieren. Mit dieser Option steht Ihnen ein neues Register ("Massen vernachlässigen") zur Verfügung, wo Sie Ihre Objektauswahl festlegen können (Bild 3). Zunächst werden Sie aufgefordert, den Objekttyp festzulegen: Knoten, Linie, Stab, Fläche oder Knoten ohne Lager.
Anschließend können Sie die Liste der zugehörigen Objekte manuell erstellen oder über die Schaltfläche "Einzeln auswählen" im Objektlistenfeld grafisch selektieren. Dann erfolgt für die selektierten Objekte eine Abfrage, in welche Richtung die Massen zu vernachlässigen sind. Hierfür wählen Sie die Kontrollfelder für die Verschiebungsrichtungen uX, uY und uZ und der Rotationen 𝜑X, 𝜑Y und 𝜑Z entsprechend aus.
In beiden Fällen (Vernachlässigung der Masse in allen festen Knoten- und Linienlagern bzw. Erstellen einer individuellen Objektselektion) werden die Massen der mit der gewählten Option verknüpften Objekte deaktiviert und bei der Modalanalyse nicht berücksichtigt. Durch das Setzen der Massen zu Null erhöht sich der Ersatzmassenfaktor so, dass 90 % der Gesamtmasse, die für die Berechnung im Sinne der Erdbebenberechnung benötigt wird, problemlos erreicht werden kann.
Bitte beachten Sie, dass bei der Vernachlässigung von Massen die Steifigkeit der Objekte nicht vernachlässigt wird. Möchte man sowohl Masse als auch Steifigkeit vernachlässigen, sollte man mit Strukturmodifikationen arbeiten, wie in einem der nächsten Fachbeiträge erläutert wird.
Praxisbeispiel
Was es nun bedeutet, die Massen in RFEM 6 vernachlässigen zu könnnen, soll am Beispiel in Bild 4, das eine Stahlbetonkonstruktion mit einem Anbau aus Stahl zeigt, demonstriert werden.
Zunächst wird eine Modalanalyse mit den in Bild 5 gezeigten Einstellungen durchgeführt. Bitte beachten Sie, dass die Modalanalyse-Einstellungen die Regeln festlegen, nach denen die Eigenwerte berechnet werden. Im vorliegenden Fall wird die Option "Benutzerdefiniert" eingestellt und die Anzahl der zu berechnenden Eigenwerte auf 30 gesetzt.
Die Methode zur Lösung des Eigenwertproblems ist die Lanczos-Methode als iterative Methode zur Ermittlung der p kleinsten Eigenwerte und der entsprechenden Eigenformen großer Modelle. Die Massenmatrix ist konsistent, und die Massen wirken in den globalen Verschiebungsrichtungen X und Y in der Annahme, dass anschließend ein Antwortspektrumverfahren durchgeführt wird.
Das Register "Einstellungen" verwaltet weitere für die Modalanalyse notwendige Einstellungen, wie z. B. den Massenumwandlungstyp, der den Import der Massen für die Modalanalyse steuert. In diesem Beispiel werden Z-Komponenten berücksichtigt (Bild 6). Wie eingangs erwähnt, ist die Option zur Vernachlässigung der Massen Bestandteil dieser Einstellungen. Um die Bedeutung dieser Option zu demonstrieren, wird die Modalanalyse zunächst ohne Berücksichtigung der Vernachlässigung durchgeführt.
Die Ergebnisse der Modalanalyse mit diesen Einstellungen sind in Bild 7 dargestellt. Wenn man bedenkt, dass die Ausgabe der Analyse bei der Erdbebenberechnung verwendet werden soll, interessieren uns vor allem die effektiven Modalmassen. Zum Beispiel deuten die Ergebnisse darauf hin, dass die ersten sieben Eigenwerte nur lokale Eigenwerte sind, die mit der Stahlstruktur in Verbindung stehen, im Gegensatz zu den Formen 8, 9 und 10, die einen hohen Massenanteil aufweisen und einen großen Einfluss auf die dynamische Antwort des Tragwerks haben.
Die Ergebnisse aller Formen sind in Bild 8 dargestellt. Auffällig ist, dass die Berechnung von dreißig Formen notwendig ist, um die geforderten 90% sowohl in x- als auch y-Richtung zu erreichen (genauer gesagt werden 96,95 % in x-Richtung erreicht, wohingegen 95,26 % in y-Richtung erreicht werden). Um 90 % zu erreichen, müssen also mehr Eigenwerte berechnet werden; je mehr Eigenwerte zu berechnen sind, desto zeitaufwendiger ist jedoch die Berechnung, insbesondere bei großen Strukturen.
An dieser Stelle kann die Option zur Vernachlässigung der Massen genutzt werden. Dadurch werden weniger Eigenwerte berechnet; z. B. 10, d. h. Sie stellen die Anzahl der zu berechnenden Formen auf 10 und erreichen immer noch 90 % der effektiven modalen Masse in jeder Richtung, die für die Erdbebenanalyse erforderlich ist. Zu vernachlässigen sind die Massen, die mit dem Stahlbau verbunden sind, da die Ergebnisse zeigen, dass diese keinen großen Einfluss auf das dynamische Verhalten des Tragwerks haben.
Um die mit dem Stahlbau in Verbindung stehenden Massen zu vernachlässigen, sollten Sie den Objekttyp als "Stab" definieren und die Objektliste manuell oder grafisch über die Schaltfläche "Einzeln auswählen" erstellen, wie in Bild 9 gezeigt. Bei den selektierten Objekten sind die Kontrollfelder für alle Verschiebe- und Drehrichtungen (also uX, uY, uZ, 𝜑X, 𝜑Y und 𝜑Z) zu aktivieren, um die Massen in diesen Richtungen zu vernachlässigen.
Schließlich können Sie mit diesen Einstellungen die Modalanalyse durchführen und erhalten Ergebnisse wie in Bild 10 gezeigt. Dieses Mal werden die geforderten 90 % mit der Berechnung von nur 10 Formen erreicht und die Analysedauer ist deutlich kürzer.