Vom Allgäu in die USA und zurück
Sebastian lebt im Allgäu und ist gelernter Zimmermann. Schon von Kindesbeinen an war Holz der Baustoff seines Herzens und das hat sich bis heute gehalten. Doch seine Tätigkeit als Geselle auf der Baustelle hat ihm nicht gereicht. Also führte ihn sein Weg ins Büro einer Software-Firma für Holzbau. Anschließend besuchte er die Schreiner-Meisterschüler, eh es ihn für einige Monate in die USA zog.
Im Allgäu hat er wieder als Projektmanager gearbeitet, aber recht schnell bemerkt – Ein Tapetenwechsel muss her! Also wechselte er wieder in die Baubranche. Hier entdeckte er seine Liebe zum Modulbau, in dem er ein großes Potenzial sieht.
- "Macht riesig Spaß, ist nachhaltig und einfach cool."
Wir sind schon gespannt, was er uns zum Thema Holzbau und Nachhaltigkeit erzählen kann!
Ein Bad aus Holz
Die Firma, in der Sebastian Betriebsleiter ist, hat sich eine besondere Nische für ihre Dienstleistungen herausgesucht: Holzbaumodule im Bereich der Nasszellen. Holz und nass? Das klingt erst einmal nicht gerade verträglich. Was hat es damit auf sich? Tatsächlich sind die meisten Fertig-Bäder eher aus einem Stahlgerippe oder Beton gefertigt. Die Idee war – das gleiche in nachhaltig.
Brettsperrholz statt Beton: Funktioniert das? Und wie! Das Geheimnis ist hier eine gute Abdichtung, mehr braucht es gar nicht. Letztendlich bemerkt man den Unterschied gar nicht, wenn man ein solches Bad betritt.
Doch nicht nur ist Holz als nachwachsendes Material Balsam für das Klima. Da das Bad in einer Halle vollkommen vorgefertigt wird, muss das Modul dann nur noch verladen und auf die Baustelle gebracht werden. Dort wird es an seinen Bestimmungsort gesetzt, ans Hausnetz angeschlossen und fertig – Das spart jede Menge Zeit.
Rohstoff Holz als Klimaretter?
Doch wie steht es um die CO2-Bilanz? Hier hat Sebastian einige interessante Zahlen für uns. Ein herkömmlicher Betonziegel benötigt etwa 1,2t CO2 für seine Herstellung. Holz dagegen, wenn es geschlagen wird, enthält bereits CO2, das der Baum für die Photosynthese eingespeichert hat. Sozusagen entnimmt man der Umwelt CO2 und erreicht damit sogar einen positiven CO2-Bilanz-Wert im nicht verarbeiteten Zustand.
Sebastian betont dabei, dass bei Lieferanten immer auf ein Zertifikat geachtet werden sollte. In diesem Zertifikat wird bestätigt, dass jegliches entnommenes Holz auch wieder aufgeforstet wird. Der Kreislauf Holz schlagen, anpflanzen, 70-80 Jahre wachsen lassen und dann wieder schlagen soll auf jeden Fall erhalten bleiben. So geht man auf Nummer sicher, kein illegal geschlagenes Holz, z.B. aus Regenwäldern, zu verbauen.
Explodierende Nachfrage und explodierende Preise
In den Medien war es ein großes Thema: Die Preise für Holz sind in letzter Zeitdeutlich durch die Decke gegangen. Auch Sebastians Firma blieb davon nicht verschont – im Gegenteil.
- "Die Preise sind über die Nacht um 30-40% gestiegen."
Das machte es natürlich auch schwer, bereits abgeschlossene Verträge einzuhalten. Hier wurde kurzfristig sehr viel Holz in die USA exportiert, was auf dem deutschen Markt für große Probleme und Versorgungsengpässe gesorgt hat. Sebastian appelliert an dieser Stelle an alle, die künftig oder gegenwärtig mit Holz arbeiten, wirklich zu versuchen, das Holz regional zu beschaffen. Das ist auch für kürzere Transportwege und geringere Transportkosten wesentlich geeigneter.
Alles Holz, oder was?
Sebastians Firma baut möglichst nachhaltige Bad-Module, größtenteils aus Holz. Einen Rahmen und die Wände aus Holz können wir uns gut vorstellen. Aber wie sieht es mit dem Innenausbau aus? Kann man auch hier nachhaltig arbeiten?
Unser Gast erklärt uns, dass meistens natürlich normale Fliesen für den Innenausbau genutzt werden. Diese werden größtenteils gebrannt, wobei recht viel CO2 entsteht. Es gibt jedoch bereits Alternativen, an denen weiter geforscht wird. Sebastian spricht von speziell gearbeitetem Holz, das gegenüber Feuchtigkeit resistent ist, sodass man es problemlos direkt in einer Dusche verbauen kann. Hier entscheidet am Ende immer der Kunde und oft kommt es letztendlich doch eher auf den Preis an.
- "Mir persönlich wäre es lieber, wenn alles nachhaltig wäre. Die Realität sieht aber leider etwas anders aus."
Um ein Bad abzudichten, müssen beispielsweise Membranen gezogen werden und hier kommt man aktuell noch nicht mit 100% natürlichen Produkten aus.
Achtung Holz! Was ist im Modulbau noch wichtig?
Nicht immer passt der Grundriss zum Modulbau. Hier sind vor allem die Bauherren gefragt. So nachhaltig und schnell das Bauen mit Modulen auch ist – manchmal macht ein Gerippe aus Holz oder aus einem Hybriden einfach mehr Sinn. Es muss von Fall zu Fall abgewogen werden, was sich eher lohnt.
Ist ein Modulbau mit Holz wirtschaftlichen als konventionelles Bauen mit z.B. Beton oder Stahlbeton? Sebastian erklärt uns, dass es auch hier auf das individuelle Projekt ankommt. Allgemein sieht er den Modulbau von den Preisen her auf einer Stufe mit konventionellen Bauweisen.
Doch es kommt hier nicht nur auf den Preis für die Errichtung eines Gebäudes an. Modulbauten werden wesentlich schneller bezugsfertig. Das bedeutet, der Besitzer kann damit bereits früher Mieteinnahmen generieren. Dadurch wird die Modulbauweise auch wirtschaftlich nur noch attraktiver.
Modulbau als Nische
Wieso aber wird Modulbau so selten genutzt? Sebastian spricht hier davon, dass die Bekanntheit dieser Bauweise einfach noch nicht so groß ist. Es wird vielleicht viel darüber gesprochen, aber oft fehlen die Erfahrungen.
- "Es benötigt dann viel Aufklärung und ganz klar Praxisbeispiele."
Sebastian ist überzeugt, dass mehr Menschen sich für Modulbau entscheiden, wenn sie anhand von Praxisbeispielen genau gezeigt bekommen, wie das Ganze funktioniert. Besichtigungen oder Workshops wären da eine gute Idee, findet er. Vor allem die Vorteile müssen dabei offengelegt werden. Auch wir sind uns sicher – Der Modulbau kann sicherlich noch viele Skeptiker begeistern!
Holzmodulbau zur Nachverdichtung von Städten
Was ist eine Nachverdichtung? Hier geht es darum, effizient Wohnraum zu erweitern. Dafür kann beispielsweise auf ein bestehendes Gebäude ein weiteres Stockwerk gesetzt werden. Es wird keine neue Gründung benötigt, was eine große Menge an CO2 einspart.
Hier ist Holz ein perfekt geeigneter Rohstoff. Wieso? Das ist recht einfach: Holz ist wesentlich leichter als Beton oder Stahlbeton. Daher gibt es mit der Statik – auch älterer Gebäude – selten Probleme. Noch dazu hat Holz als Baustoff eine positive CO2-Bilanz. Besser geht es also nicht!
Durchgeführt wurde ein solches Projekt beispielsweise in Frankfurt. Hier war Sebastians Firma sogar selbst beteiligt. Dort wurden auf einem alten Soldatenbau, vermutlich einer Kaserne, noch einmal ein bis zwei Stockwerke aufgesetzt. Dadurch entstanden noch einmal 380 neue Wohnungen. Hier wurde Holzmodulbau eingesetzt, sodass diese neuen Wohneinheiten innerhalb von 12 bis 14 Monaten bezugsfertig waren.
Mit konventioneller Bauweise, beispielsweise aus Beton, wären so viele Wohnungen gar nicht möglich gewesen. Auch die Bauzeit wäre wesentlich länger ausgefallen. Beeindruckend!
Zukunft des Bauwesens
Hier spricht Sebastian die bisherige Einfamilienhäuser-Kultur an. Er geht davon aus, dass künftig nicht mehr jeder sein eigenes kleines Haus auf einem Grundstück haben wird. Die Baulandschaften mit Einfamilienhäusern weichen dann vermutlich Mehrfamilienhäusern.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist der bereits angesprochene Begriff "Nachverdichtung" in den Metropolen. Hier steckt noch viel ungenutztes Potenzial.
Auch die Sanierung bestehender Gebäude sieht er als einen weiteren Weg an, den das Bauwesen in naher Zukunft wohl einschlagen wird. Energie sieht er hier als großes Thema. Es muss mehr an Bestandsbauten energetisch saniert werden, um sie weiter problemlos und nachhaltig nutzen zu können.
Aus alten Mustern herausbrechen und sich in neue, innovative sowie digitale Richtungen weiterentwickeln – Das wäre Sebastians Wunsch für die Zukunft der Baubranche.
- "Wir reden von Nachhaltigkeit, machen alles digital. Und wenn es dann zur Genehmigung geht, müssen wir wieder alles ausdrucken. Hier müssen wir auf jeden Fall was machen."
Hier hat das Bauwesen also noch einiges nachzuholen, um so nachhaltig und digital zu werden, wie wir es uns wünschen würden.
Sebastian, was ist dein Lieblingsbauwerk?
Wir stellen natürlich auch Sebastian unsere Abschlussfrage. Ein direktes Lieblingsbauwerk hat er nicht. Besonders beeindruckt ihn aber der Anblick alter Berghütten. Sie wurden unter widrigen Bedingungen gebaut, ohne Kran, Motorsäge oder richtige Transportwege.
- "Da geht mir persönlich als Zimmerermeister absolut das Herz auf."
Das können wir absolut nachvollziehen. Solche alten Gebäude sind immer wieder beeindruckend. Wir danken dir, dass du bei uns warst!