Knicklängen in RFEM 6
Damit die Stabilitätsnachweise in den Ergebnissen der Stahlbemessung berücksichtigt werden, ist es wichtig, den Stäben vor der Bemessung Knicklängen zuzuweisen. In RFEM 6 ist die Knicklänge keine lokale Einstellung von nur einem Stab. Somit kann jede im Programm definierte Knicklänge mehreren Stäben oder Stabsätzen gleichzeitig zugeordnet werden.
Vorausgesetzt, dass das Add-On Stahlbemessung in den Basisangaben des Modells aktiviert ist, können über das Navigatorregister Daten neue Knicklängen definiert werden (Bild 1). Alternativ können über das Register Bemessungsarten im Dialog Neuer Stab Knicklängen definiert werden (Bild 2).
Unabhängig davon, welche Methode gewählt wird, kann die Knicklänge für Biegeknicken um die starke oder schwache Achse sowie für Drillknicken und Biegedrillknicken berücksichtigt werden (Bild 3).
1. Definition der Knicklänge über Knotenlager und Knicklängenbeiwerte
Zunächst wird die Definition der Knicklänge unter Berücksichtigung der Knotenlager und Knicklängenbeiwerte im Hinblick auf die Lagerungsbedingungen des Stabes gezeigt (Bild 4).
Angesichts der Lagerungsbedingungen der Stütze 1 sollten Knotenlager der Lagerungsart fest in die beiden Hauptrichtungen z/v und y/u sowie Torsion (Einspannung um x) nur am Anfang und Ende dieses Stabes definiert werden. Da keine Zwischenlager vorhanden sind, die den Stab in unterschiedlich lange Segmente unterteilen, sollten die Knicklängenbeiwerte manuell berechnet und für die gesamte Stablänge als einzelnes Segment angepasst werden.
In diesem Beispiel ist die betreffende Stütze mit einem horizontalen Träger als Rahmen verbunden und daher wird die zu erwartende Knicklänge für die Hauptachse y an 3,5 angenähert, während der Knicklängenbeiwert für das Knicken außerhalb der Ebene 1 beträgt.
2. Knicklänge aus Stabilitätsanalyse importieren
RFEM 6 bietet allerdings eine weitere Möglichkeit, die Knicklängen der Stäbe zu definieren: die Knicklänge aus der Stabilitätsanalyse importieren. Dazu muss das Add-On Strukturstabilität aktiviert werden (Bild 5).
Bei diesem Ansatz sollte eine Stabilitätsanalyse durchgeführt werden, um die relevanten Eigenformen und die zugehörigen Knicklängen der einzelnen Stäbe zu erhalten. Später können die Knicklängen den betreffenden Stäben zugewiesen und bei der Stahlbemessung berücksichtigt werden.
In RFEM 6 erfolgt die Betrachtung der Stabilitätsanalyse gemäß Bild 6 in separaten Lastfällen und Kombinationen. In diesem Beispiel wird die Stabilitätsanalyse für die Lastkombination 2 (Eigengewicht und Schnee) aufgrund der damit verbundenen Druckbeanspruchung berücksichtigt.
Die Einstellungen für die Stabilitätsanalyse können komfortabel in dem in Bild 7 gezeigten Fenster vorgenommen werden. So ist die Art der Stabilitätsanalyse (Eigenwertmethode, Inkrementalverfahren mit Eigenwertanalyse, Inkrementalverfahren ohne Eigenwertanalyse), die Anzahl der kleinsten Eigenwerte und die Möglichkeit der Berücksichtigung günstiger Effekte bei Zug anzupassen, falls eines der Eigenwertverfahren bevorzugt wird (Lanczos, Wurzeln des charakteristischen Polynoms, Unterraum-Iteration oder ICG-Iteration).
Ebenso sollten die Parameter für die stufenweise ansteigende Belastung festgelegt werden, wenn ein Inkrementalverfahren bevorzugt wird.
Nach der Berechnung werden die Ergebnisse sowohl grafisch als auch in der Tabelle Ergebnisse der Stabilitätsanalyse angezeigt. Die Knicklänge, bei der die Stütze in der Rahmenebene ausknickt, ist die richtige Länge für den Nachweis der jeweiligen Lastsituation. Die Eigenform, die das Knicken in globaler X-Richtung abbildet, ist in diesem Beispiel die Eigenform 8 (Bild 8).
Es ist nun auch möglich, die Knicklänge aus der Stabilitätsanalyse zu übernehmen. Wenn die Option im Fenster Knicklänge aktiviert ist (Bild 9), können der Lastfall/die Kombination, die Eigenform und der Stab, von dem die Knicklänge übernommen werden soll, im entsprechenden Register festgelegt werden. Da die Knicklänge der Stütze 1 zugewiesen wird, sind dies die Lastkombinationen 2, Modus 8 bzw. Stab 1 (Bild 10).
In RFEM 6 kann die zugeordnete Länge auch grafisch angezeigt werden, wie in Bild 11 dargestellt.
Mit dem Festlegen der Einstellungen für die Knicklänge wird ein Balanceakt zwischen den Knicklängen und den Einstellungen der Biegedrillknickeigenschaft vorgenommen. Bei den Bemessungen für Lager wird das Element für die Knickvorgänge in Segmente unterteilt. Gleichzeitig dienen diese Lagernachweise zur Beschreibung der Randbedingungen für die eigenwertbezogene Berechnung des Biegedrillknickmoments (Mcr).
Stabilitätsnachweise bei der Stahlbemessung
Nachdem die Knicklänge zum betreffenden Stab zugewiesen wurde, kann die Stahlbemessung erfolgen. Wie Bild 12 zeigt, werden unter anderem die Stabilitätsnachweise in der Ergebnistabelle ausgegeben. Die Knicklänge ist in den Nachweisdetails enthalten (Bild 13). Der Stabilitätsnachweis erfolgt erwartungsgemäß auf Basis der durch den Stabilitätsnachweis ermittelten Knicklänge.
Schlussbemerkungen
Die Knicklänge für die Ersatzstabbemessung in RFEM 6 kann manuell ermittelt oder aus einer Stabilitätsanalyse übernommen werden. Im ersten Ansatz wird die Knicklänge durch eine Zuordnung von Knotenlagern und eine manuelle Anpassung der Knicklängenbeiwerte an die Lagerbedingungen des Stabes ermittelt.
Beim zweiten Ansatz hingegen ist die Knicklänge ein Ergebnis des Stabilitätsnachweises und kann somit direkt dem Stab für die Bemessung zugewiesen werden. Der Vorteil dieser Vorgehensweise besteht darin, dass die Knicklängenbeiwerte und die Knicklänge selbst automatisch berechnet werden. Dies ist sehr komfortabel für bestimmte Lagerbedingungen, die sonst eine mühsame Handrechnung erfordert hätten.
Bei der Übernahme aus dem Stabilitätsnachweis ist jedoch darauf zu achten, dass die korrekte Knicklänge im Hinblick auf die Knickfigur und die jeweilige Lastsituation berücksichtigt wird.