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7. Februar 2023

KI im Bauwesen – Wie weit sind wir?

Unsere Technologie entwickelt sich rasant weiter. Wie wird es 2049 aussehen? Oder 2077? Tragen wir dann Metallimplantate im Körper und eine KI lenkt unsere fliegende Autos durch das grelle Neonlicht im Nebel der Großstadt? Was ist KI überhaupt und wie könnte sie sich auf unsere konservative Baubranche auswirken? Unser Gast Michael Kraus erzählt uns, wie es um KI im Bauwesen steht. Wir sind schon gespannt!

Kreatives und Mathematik

Unser heutiger Gast Michael Kraus ist Experte für das Thema KI im Bauwesen. Er ist gleichzeitig in der Forschung an der TU Zürich tätig und arbeitet auch als Tragwerksplaner. Schon von Kindesbeinen an begleitete er seine Eltern auf Baustellen und der familieneigene Zimmereibetrieb war sein Wegweiser in Richtung Bauingenieurwesen.

Am Beruf des Bauingenieurs fasziniert ihn vor allem die nötige Kreativität, die man mitbringen muss, um verschiedenste Projekte umzusetzen. Gerade Detaillösungen wie CO2-Einsparungen erfordern kreatives Denken. Er hatte schon im Studium einen Hang zu mathematischen und numerischen Fächern. Daher fiel ihm die Entscheidung, sich in Richtung KI zu spezialisieren, denkbar leicht.

Einsatzmöglichkeiten von KI

Wir fragen Michael, was wir über KI im Allgemeinen wissen sollten. Er erklärt uns, dass die Idee von künstlicher Intelligenz bis in die frühen 1940er Jahre zurückgeht. Automatisierung und das Nachvollziehen menschlicher Entscheidungsprozesse durch Technologie war schon damals ein Thema. Durchgesetzt hat sich das Ganze erst vor etwa 15 Jahren, denn vorher hatten wir die nötige Rechenleistung für so etwas noch gar nicht.

Eingesetzt wird KI heutzutage in vielen Bereichen. Dazu gehören Sprachassistenten, Einparkhilfen oder Spam-Filter. All das beruht auf künstlicher Intelligenz.

Eine Unterform der KI ist „Machine Learning“ – das haben viele sicher bereits einmal gehört. Dabei sucht eine künstliche Intelligenz in bereits bestehenden Datensätzen ein Muster und entwickelt dafür Lösungen, generiert also quasi Wissen aus Erfahrungen.

Auch „Deep Learning“ ist als Sonderform des Machine Learning vielen vermutlich ein Begriff. Künstliche neuronale Netze in zahlreichen Schichten gelten hierbei als technische Analogie zu unserem Gehirn, die in der Lage sind, große Datenmengen zu verarbeiten.

Entwicklungsstand von KI im Bauwesen

Dank des Ausbaus unserer Rechenleistung in den letzten Jahren kann KI im Bauwesen bereits eingesetzt werden. Ein Beispiel dafür ist die Video- und Bildverarbeitung. Schadenseinschätzungen und Schadensmeldungen werden beispielsweise bereits mithilfe künstlicher Intelligenz durchgeführt. Des Weiteren unterstützt KI z.B. auf Grundlage von Drohnenaufnahmen die Vermessungstechnik oder macht digitale Baubegehungen mit automatischen Analysen möglich. Hier stehen allerdings noch alle Zeichen auf Forschung, da teils die nötige Software fehlt.

Auch im Bereich der Tragwerksplanung kann künstliche Intelligenz uns künftig unterstützen. Durch generatives Design ist Software in der Lage, aus einem Ziel (z.B. Brückenkonstruktion) und gewünschten Parametern (z.B. Leistung, Werkstoff, Belastung) selbständig ein Modell mit detaillierten Alternativen zu entwickeln. Allerdings ist auch hier noch kein marktreifes Produkt aus der Forschung hervorgegangen.

Wir sehen jetzt schon: Vieles ist theoretisch möglich, aber damit die Projekte in unseren Forschungen auch praktisch eingesetzt werden können, müssen wohl noch einige Jahre ins Land ziehen. Die Erwartungen der Gesellschaft an KI sind – nicht zuletzt dank Büchern, Filmen und Videospielen – aktuell einfach noch viel zu hoch. Gerade im Bauwesen sind wir noch lange nicht so weit, wie wir vielleicht gerne wären. Aber woran liegt das?

Hürden und Grenzen von KI in der Baubranche

Nehmen wir uns den Bereich Video- und Bildanalyse vor. Der Google-Algorithmus kann längst fehlerfrei Hunde- von Katzenbildern unterscheiden. Wieso ist eine Klassifizierung in „Schaden“ und „nicht-Schaden“ in der Baubranche dann so schwer?

Das größte Problem des Bauwesens ist, verbunden mit der meist doch sehr konservativen Sicht auf Neuerungen, dass wir einfach zu wenige Daten haben, mit der eine künstliche Intelligenz arbeiten könnte. Es fehlt also an Material, um den Deep-Learning-Prozess von Maschinen zu unterstützen.

Wir haben kaum Bilder, bei denen für den jeweiligen Fall „Schaden“ oder „nicht-Schaden“ daneben steht. Also wie soll eine KI dann lernen, beides voneinander zu unterscheiden? Einen solchen sicheren Datensatz zu den beiden Entscheidungsfällen zu erstellen, kostet viel Zeit und Geld.

Auch für die Umsetzung von Forschungen zum generativen Design mangelt es an Möglichkeiten. Viele Hersteller von Software-Produkten bieten keine programmierbaren Schnittstellen an. Dlubal-Statikprogramme sind da eine der wenigen Ausnahmen.

  • Solange diese Kommunikation zwischen den Softwareprogrammen nicht möglich ist, wird sich die KI nirgends durchsetzen.

Schließlich ist es für Tragwerksplaner kaum zumutbar, sich in verschiedene Statikprogramme einzuarbeiten, nur, um dann vor unterschiedlichen Entwürfen zu stehen und sie am Ende wieder manuell vergleichen zu müssen.

Natürlich kommen wir auch auf BIM als digitale Unterstützung im Bauwesen zu sprechen. Hier gibt Michael zu bedenken, dass die allgemeine Bereitschaft in der Baubranche, die Digitalisierung wirklich durchzusetzen, die größte Hürde ist. Ohne Schnittstellen und eine gewisse Transparenz ist eine Planungs- und Fertigungskette mit einem umfangreichen Informationsfluss auf digitalem Wege schlicht nicht möglich.

  • BIM-Technologie ist aus meiner Sicht der Schlüssel zur KI.

Es fehlt oft einfach an Bereitschaft, sich auf neue Prozesse einzulassen – eher weniger bei den Studierenden als bei den Lehrenden, Ingenieurbüros oder Software-Herstellern. Michael lässt uns wissen, dass es immer Zeit und Geld kosten wird, sich mit Digitalisierung eingehend zu beschäftigen. Aber es ist nun einmal notwendig. Oft mangelt es in der Umsetzung von BIM auch gar nicht an Software-, sondern eher Hardware-Lösungen. Nicht jeder Student kann auf seinem privaten Rechner jedes Softwareprogramm uneingeschränkt nutzen.

Zukunft KI im Bauwesen

In einer Sache sind wir uns sicher einig: Die Studierenden von heute müssen für Themen wie Digitalisierung und KI sensibilisiert sowie ausgebildet werden. Denn egal, wie sehr sich die Baubranche in Deutschland gegen Neuerungen wehrt – Irgendwann werden Unternehmen aus dem Ausland kommen und uns damit überrollen.

Gerade in den frühen Entscheidungs- und Designfragen, beispielsweise zu Themen wie Nachhaltigkeit, wird KI im Bauwesen künftig immer wichtiger. Wenn man als Statiker ein Haus bauen will, muss man nicht mehr zehn verschiedene Häuser ansehen und jedes Mal eine halbe Stunde warten. Die KI berechnet innerhalb kürzester Zeit Alternativen mit hohem Detail- und Genauigkeitsgrad. Das erleichtert Tragwerksplanern die Arbeit enorm.

  • Ich kann einem Bauherrn dann direkt zeigen: Wenn du hier ein Fenster einbauen lässt, ändert es das hier an der Statik.

Dieses klassische Bild einer KI, welche die Menschheit am Ende in den Untergang stürzt, ist tief in den Köpfen der Leute verankert. Aber muss man vor künstlicher Intelligenz Angst haben? Realistisch gesehen: Nein. Ziel der KI-Forschung im Bauwesen ist es nicht, den Tragwerksplaner zu ersetzen, sondern, ihn zu unterstützen.

Gerade in frühen Phasen der Planung können somit schon Entscheidungen getroffen werden, die zu späteren Zeitpunkten für mehr Kosten- und Zeitaufwand verantwortlich wären. Auch Nachhaltigkeit ist natürlich ein Thema, das wir im Blick behalten müssen. Dank KI-Unterstützung können wir in Zukunft also weit effizienter und planbarer bauen.

Künstliche Intelligenz soll uns die Arbeit abnehmen, für die wir eigentlich keine Zeit haben oder die stark repetitiv ist. So können wir uns auf andere Aufgaben konzentrieren. Da uns im Bauwesen ziemlich sicher ein Fachkräftemangel bevorstehen wird, werden wir auf KI angewiesen sein. Wichtig ist aktuell vor allem, das Bewusstsein für diese ganze Thematik zu schaffen und zu vertiefen. Michael sieht hier vor allem die Politik in der Pflicht, als Vorreiter für Nachhaltigkeit und Digitalisierung den ersten Schritt zu tun.

Michael, was ist dein Lieblingsbauwerk?

Bei unserer letzten Frage nach seinem Lieblingsbauwerk muss er nicht lange überlegen. Für ihn ist eines der beeindruckendsten Bauwerke zweifellos die Golden Gate Bridge in San Francisco. Als Beispiel von höchster Ingenieurskunst fasziniert ihn die Brücke mit ihrer Spannweite und Belastbarkeit zutiefst.

Diese Entscheidung können wir absolut nachvollziehen. Vielen Dank, dass du bei uns zu Gast warst! Möchtet ihr euch die Folge selbst anhören? Dann findet ihr hier unseren Beginnen Sie mit dem Zuhören! . Viel Spaß beim Anhören!


Autor

Frau Ruthe ist im Marketing als Copywriterin zuständig für die Erstellung kreativer Texte und packender Headlines.



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