Wieso entstehen Erdbeben?
Vor Millionen von Jahren gab es nur einen großen Kontinent auf unserer Erde. Durch Bewegungen im Erdinneren riss er allmählich auseinander und es entstanden einzelne Platten, die auf dem flüssigen Gestein voneinander weg drifteten. So entstanden unsere heutigen Kontinente. Da unser Planet ja bekanntlich rund ist, trafen diese Platten jedoch früher oder später tief im Untergrund wieder aufeinander.
Der Aufprall solch riesiger Gesteinsschichten setzt eine Menge Energie frei und das mit einer solchen Wucht, dass man die Auswirkungen bis auf die Erdoberfläche spürt. Die Erde bebt, oft nur wenige Sekunden oder Minuten, aber das reicht, um verheerende Schäden anzurichten. Risse entstehen in der Landschaft und die Zerstörung macht auch vor ganzen Städten nicht halt.
Tritt ein Erdbeben auf, wird die Stärke des Bebens auf Grundlage der seismographischen Auswertung bestimmt. Dafür gibt es eine Skala, die eine Einordnung des Ereignisses ermöglicht. Dadurch ergibt sich ein Wert, der Magnitude genannt wird. Der Sprung von einem Wert zum nächsten bedeutet eine Verzehn- oder sogar Verdreißigfachung der Stärke des Erdbebens. Eine Magnitude von 8 auf 9 entspricht also einem zehnmal schlimmeren Beben.
- Magnitude unter 4,0: in der Regel keine Schäden
- Magnitude über 5,0: teils große Schäden
- Magnitude über 7,0: weitreichend verheerende Schäden in großen Gebieten
Täglich gibt es etwa 1.000 kleinere Erdbeben, die wir Menschen aber kaum wahrnehmen. Anders sieht es bei größeren Ereignissen aus. Wir haben euch eines der wohl bekanntesten Beispiele für ein Erdbeben im 21. Jahrhundert mitgebracht.
Das Beben von 2011 auf Haiti
Im Jahr 2011 ereignete sich ein schweres Erdbeben auf Haiti, das Hunderttausende mit sich in den Tod riss. Haiti zählt zu den ärmsten Regionen der Welt und liegt direkt im Grenzgebiet zwischen Karibischer und Nordamerikanischer Platte. Normalerweise gleiten die beiden Platten senkrecht aneinander vorbei, aber wie so oft kommt die Praxis der Theorie nicht unbedingt nach.
So schiebt sich die Karibische Platte um etwa 20mm pro Jahr nach Osten und wird dabei von der Nordamerikanischen Platte gestaucht. In der Fachsprache heißt diese Verschiebung Verwerfung. 40 Jahre lang blieb dieser Abschnitt gefährlich ruhig – ein eindeutiges Warnzeichen. Schließlich traten hier schon früher geradezu historische Erdbeben auf.
Etwa eine Minute lang und 13km unter der Erdoberfläche geschah es dann: Ein Erdbeben mit einer Magnitude von 7,0 erschütterte die Region. Nur 25km von der Hauptstadt entfernt. Neun weitere Nachbeben folgten. Große Teile der Bebauung werden zerstört, ganze Slums rutschen von den Berghängen ab. Etwa 316.000 Menschen sterben, 310.000 werden verletzt und von 11 Mio. Einwohnern sind fast 2 Mio. nun obdachlos. Wie aber konnte ein Beben in einer bekannten Erdbebenzone so viele Menschenleben fordern?
Vorsorgeplanungen für solch einen Fall gab es nicht. Das Erdbeben geschah etwa eine Stunde vor Einbruch der Dunkelheit und es gab keinen Strom. Kaum vorhandene Infrastruktur und Medikamentenmangel in den schlecht ausgerüsteten medizinischen Einrichtungen sowie ein mangelhaftes Gesundheitssystem führten zu Gewalt und Plünderungen. Diese Umstände forderten weitere Leben.
Bis heute hat sich die Region trotz finanzieller Hilfen noch nicht davon erholt. Korruption, Armut und Gewalt sind nach wie vor eine tödliche Mischung, die Haiti fest im Griff hält. Wie konnte es so weit kommen und können wir als Bauingenieure dafür Sorge tragen, dass die Auswirkungen solcher Beben weniger gravierend sind?
Formen von Erdbeben
Es gibt verschiedene Formen von Erdbeben. Kommt es zu vulkanischen Aktivitäten, entstehen durch die Bewegungen im Erdinneren Beben. Beispielsweise hat Island oft mit dieser Form von Erdbeben zu tun.
Die meisten Beben auf unserer Erde sind tektonischer Natur. Hier treffen Erdplatten aufeinander, wie es bei der Katastrophe von Haiti der Fall war. Durch die Freisetzung von Energie bei der Verschiebung der Erdkruste unterhalb des Meeresspiegels entstehen auch Tsunamis.
Im geologischen Untergrund gibt es viele Hohlräume. Stürzt einer davon ein, kann es zu einem sogenannten Einsturzbeben kommen. 2000 und 2009 passierte so etwas in Hamburg, wo Salzstöcke, also unterirdische Salzstrukturen, einstürzten.
Wie man Gebäude erdbebensicher macht
Erdbeben sind Naturphänomene, die sich nun einmal nicht verhindern lassen. Auch die Vorhersage von Beben funktioniert selbst mit der heutigen Technik erst wenige Sekunden vor dem Ereignis. Zeit genug, sich bestenfalls aus einem Gebäude heraus auf eine große Freifläche zu retten oder unter einen Türrahmen. Es bleibt uns also nur, dafür zu sorgen, dass unsere Bauwerke so erdbebensicher wie möglich sind.
In Deutschland haben wir zum Glück nur wenige Gebiete, die tatsächlich erdbebengefährdet sind. Schaut gerne selbst in unserem Geozonen-Tool nach, inwiefern eure Region zu solchen Gebieten zählt. Wenn bei der Bauplanung festgestellt wird, dass Erdbeben mit gewisser Stärke möglich wären, wird beim Bau auf die sogenannte Duktilität geachtet. Das heißt, die Gebäude müssen Verformungen infolge eines Bebens mit entsprechender Stärke problemlos mitmachen können, ohne dass die Strukturen versagen.
Geo-Zonen-ToolBeispielsweise sollten weiche Geschosse, die nur durch Stützen und kaum durch Wände gehalten werden, vermieden werden. Nur auf Stützen steht es sich für ein Gebäude zu wackelig, wenn der Boden beginnt, sich zu bewegen. Ein Versagen der Struktur wäre vorprogrammiert.
Außerdem sollten möglichst lange Stützen verwendet werden, damit die Querkräfte nicht zu hoch sind und im Ernstfall zu Schubbrüchen führen. Auch Steifigkeitssprünge, also abrupte Übergänge zwischen Bauteilen verschiedener Formen, beeinträchtigen die Stabilität eines Gebäudes erheblich. Des Weiteren sind kompakte Bauweisen von Vorteil, mit klaren Kanten und ohne kunstvolle gebogene Strukturen.
Im Falle eines Erdbebens dreht sich das Gebäude durch die Schwingungen um das Massezentrum, also meistens die Mitte des Grundrisses. Idealerweise liegt auch hier das Widerstandszentrum des Bauwerks. Symmetrie kann also ein Gebäude retten. Und das Wichtigste: Lieber zu viel Statik als zu wenig! Wenn ein tragendes Element versagt, sollten die anderen in der Lage sein, das entsprechend abzufedern.
So weit zur Planung. Was kann ein Gebäude noch erdbebensicher machen? Hier werfen wir den Begriff "Seismische Isolierung" in den Raum. Dabei wird das Gebäude vom Untergrund entkoppelt. Wie funktioniert das? Wenn der Boden sich bewegt, vibrieren seismische Auflager mit und nehmen diese Bewegungen dadurch auf. Das Beben überträgt sich also nicht oder kaum auf das Gebäude oberhalb der Entkopplung. Es gibt sogar Stoßdämpfer für Bauwerke.
Fazit: Erdbebensicher bauen
Wir halten also fest, dass die Gefahr von Erdbeben in den einzelnen Regionen unserer Erde dank seismischer Aufzeichnungen recht gut eingeordnet werden kann. Dadurch können wir vorhersagen, ob und in welchem Ausmaß ein Gebäude an einem bestimmten Standort erdbebensicher gebaut werden muss. Zumindest vor der Zerstörung durch natürlich bedingte Erdbeben können wir unsere Gebäude schützen – und damit auch die Leben der Menschen, die sich dort befinden.
Es bleibt zu hoffen, dass unsere Technik irgendwann in der Lage ist, Erdbeben sicher und rechtzeitig vorherzusagen, damit sich im Ernstfall möglichst viele in Sicherheit bringen können. Die Statikprogramme von Dlubal helfen dabei, Auswirkungen von Erdbeben auf ein geplantes Gebäudemodell zu testen und zu bemessen. Dadurch machen wir mit unserer Software berechnete Gebäude sicherer.
Vielen Dank für euer Interesse an diesem wichtigen Thema. Wir freuen uns, wenn ihr auch bei der nächsten Folge unseres Podcasts wieder dabei seid – Wir hören oder lesen uns!