L'inizio del millennio è stato un evento speciale che molte aziende e paesi hanno commemorato. Millennium-Edition wurde ein geradezu inflationär verwendeter Begriff. Dabei dachten viele noch 1999, zum Jahrtausendwechsel würde die Welt untergehen.
Zu unserem Glück steht sie noch und es wäre auch zu schade gewesen, wenn nicht. Denn ohne das neue Jahrtausend wären wir nicht in den Genuss der Londoner Millennium Bridge gekommen. 2000 eröffnet, bot sie schon bald ein interessantes Schauspiel: Wann immer viele Fußgänger sie passierten, begann sie zu schwanken. Wie ein betrunkener Seemann. Da wird man ja allein vom Zusehen seekrank!
Aber woher kamen diese Schwingungen? Was ist schiefgelaufen und gelang es den beteiligten Ingenieuren, dieses ungewollte Verhalten der Brücke zu bändigen? Eines ist jedenfalls sicher: Die schwankende Brücke trägt ihren Beinamen noch heute und die Videos aus der Zeit ihrer Ersteröffnung machen sie auf ewig unsterblich.
Millennium Bridge: Bekanntes Problem nicht bedacht
Doch warum beginnt eine Brücke zu schwanken, sobald eine gewisse Zahl an Menschen sie überquert? Das Problem kennt so ziemlich jeder Ingenieur, denn es ist alles andere als unbekannt. Tatsächlich sorgte genau dieses Verhalten dahinter bereits in der Vergangenheit für schwere Katastrophen, die zahlreiche Brücken von ihren Aufhängungen in den Tod rissen. Die Rede ist hier von einem zunächst unsichtbaren Feind jedes Brückenbau-Ingenieurs: Eigenfrequenzen.
Eigenfrequenz als natürlicher Feind von Hängebrücken
Das Konzept von Eigenfrequenzen ist ein mittlerweile sehr bekanntes und umfangreich erforschtes Phänomen im Bauwesen. Gerade im Brückenbau spielt es eine große Rolle. Es zu erklären, ist recht einfach. Jeder Festkörper hat eine Eigenfrequenz, in der er schwingt. Werden diese Schwingungen verstärkt, beispielsweise durch rhythmische Krafteinwirkung, verstärken sich diese Bewegungen weiter.
Bleibt der Rhythmus gleich, spitzen sich die Schwingungen so lange zu, bis das Material am Ende nachgibt. So etwas ist in der Vergangenheit schon öfter vorgekommen, in weit größeren Ausmaßen, als wir es bei der schwankenden Millennium-Bridge beobachten konnten. Wir stellen euch zwei dieser Ereignisse kurz vor.
Tacoma-Narrows-Bridge 1940
Sie war die drittgrößte Hängebrücke der Welt: Am 01. Juli 1940 wurde die Tacoma-Narrows-Brücke im US-Bundesstaat Washington für den Verkehr geöffnet. Sie war eine spezielle leicht gebaute Hängebrücke, auf die ihre Erbauer besonders stolz waren. Aber die Brücke hatte einen Haken. Sie schwankte durch das geringe Gewicht im Wind. Dieser Wind regte die Eigenfrequenz der Brücke an und diese verstärkte daraufhin ihre Schwingungen immer weiter. Wer einmal Bilder von damals gesehen hat, mag denken, es sei eine Karikatur oder der Ausschnitt aus einem alten Cartoon. Aber nein – die Schwankungen nach oben und unten betrugen bis zu 60 cm.
Was zunächst noch wie ein schrecklich deplatzierter Witzfilm schien, wurde schnell ernst. Viele mieden die Brücke lieber, andere reisten nur dafür an, um einmal auf ihr Achterbahn fahren zu können. Am 07. November 1940 erreichten die Verformungen der Tacoma-Narrows-Brücke ihren Höhepunkt.
Wie gewöhnlich schwankte sie unter einem mäßig bis starken Wind auf und ab. Allerdings sorgten gleichzeitig seitliche Luftverwirbelungen dafür, dass die Brücke nicht nur auf und ab schwankte, sondern sich dabei leicht drehte. Das Ergebnis war so erschreckend wie endgültig: Die Brücke gab nach, nur vier Monate nach ihrer Eröffnung. Letztendlich brach die gesamte Konstruktion in sich zusammen. Festgehalten durch reinen Zufall von der Kamera eines Professors, der gerade vor Ort war, um die Schwingungen zu untersuchen.
Broughton Suspension Bridge bei Manchester
Bei der Millennium Bridge war es allerdings kein Wind, der die Brücke zum Schwanken brachte. Hier waren Menschen die – mehr oder weniger – Schuldigen. Und es war bei weitem nicht das erste Mal, dass so etwas passierte. Aber wie kommt es dazu, warum fängt eine Brücke an zu schwanken?
Besonders beeindruckend war das Beispiel der Broughton Hängebrücke in Manchester, eine der ersten Hängebrücken Europas. 1826 eröffnet, war den Erbauern mehr als bewusst, welche Risiken eine solche Brücke mit sich brachte. Die Kettenbrücke war nicht sonderlich belastbar.
Da man damals für die Überquerung privat gebauter Brücken eine Gebühr zahlen musste, gab es auch hier einen Brückenschreiber, der unter anderem darauf achtete, dass die Brücke nicht zu sehr belastet wurde. In den ersten fünf Jahren gab es tatsächlich keine besonderen Vorkommnisse.
Il 12 April 1831 kam es dazu, dass 74 Soldaten, ein Regiment, das nach einer Übung unterwegs zum Mittagessen war, über die Brücke gingen. Soweit nichts Ungewöhnliches. Während längerer Fußmärsche gingen Soldaten „ohne Tritt“, wie es im Fachjargon heißt, bedeutet: ohne Gleichschritt. Das war schließlich für weite Strecken viel zu anstrengend. Also keine Gefahr für die Kettenbrücke?
Unglücklicherweise begann einer der vorderen Offiziere damit, ein bekanntes Marschlied zu pfeifen. Und hier setzte der menschliche Herdentrieb ein. Manche stiegen ein oder sangen dazu, aber alle begannen unbewusst, ihre Schritte dem Takt des Liedes anzupassen. Und dieses Lied, ihr ahnt es sicher bereits, stimmte – ebenfalls ohne Absicht – mit der Eigenfrequenz der Brücke überein. Das Ganze dauerte keine 60 s und es ertönte ein lauter Knall.
Kurz darauf gab eine der Tragketten nach. Die Brücke geriet in Schieflage und stürzte zur Seite hin ein. Glücklicherweise wurde auch hier niemand getötet. Nach einem kurzen Schreckmoment reagierten die restlichen Soldaten auf der Brücke und leiteten umfassende Rettungsmaßnahmen ein. Dies war das erste detailliert beschriebene Unglück auf einer Hängebrücke. Das Problem mit Eigenfrequenzen kannte man damals noch nicht, dieser Zusammenhang wurde erst wesentlich später entdeckt.
Die Millennium-Bridge: Ein Monument zur Jahrtausendwende
Im Endspurt des 20. Jahrhunderts wurde geplant, eine weitere Brücke über die Themse zu bauen, allerdings nicht für Fahrzeuge, sondern allein für Fußgänger. Von dort aus versprachen sich die Verantwortlichen einen großartigen Blick auf die wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt, so beispielsweise die St Paul’s Cathedral. Das würde als Aussichts- und Fotopunkt eine Menge Touristen anziehen: ein ordentliches Plus für den Londoner Tourismus.
Im Jahr 1996 wurde in diesem Rahmen ein Architekturwettbewerb veranstaltet. Denn leicht war es nicht, überhaupt etwas im historischen Stadtkern zu bauen. Wir denken dabei an Gurken, überlaufende Biergläser und Scherben: Nein, keine missglückte Party, sondern tatsächlich Gebäude! Denn wer die Skyline Londons kennt und schon einmal dort war, weiß, dass Bauwerke dort meistens eine sehr seltsame Form haben.
Dahinter steckt ein Verbot, bestimmte Sichtkorridore auf die historischen Sehenswürdigkeiten der Stadt zu verbauen. Man soll Gebäude wie die St Paul’s Cathedral von den wichtigsten Punkten der Londoner City aus sehen können. Zu diesem Thema haben wir bereits einen eigenen Blogbeitrag veröffentlicht. Dai un'occhiata!
Cetriolino, tulipano e bicchiere da birra: Orizzonte di LondraDaten und Fakten zum Entwurf der Millennium-Bridge in London
Gewonnen hat diesen Wettbewerb ein Entwurf von Norman Foster. Viele kennen ihn sicher schon von seinen späteren Werken. Er hat unter anderem die Gurke (The Gherkin) in London und auch die gläserne Reichstagskuppel in Berlin entworfen. Die Millennium-Bridge stand also in den Startlöchern.
Neben einer perfekten Sicht auf die Londoner Sehenswürdigkeiten musste auch die Höhe beachtet werden. Zu hohe Tragseile würden Sichtkorridore beeinflussen, also mussten innovative Lösungen her. Letztendlich einigte man sich auf Tragseile, die direkt neben dem Fußweg entlangliefen. Nicht, wie man es von Hängebrücken kennt, wesentlich weiter oben, ähnlich modernen Schrägseilbrücken. Dadurch wirkte die Millennium-Bridge beeindruckend flach und störte keinesfalls das Stadtbild – oder Touristen dabei, Fotos zu machen.
Die Millennium-Bridge an sich befand sich auf zwei Säulen und war in drei Sektionen aufgeteilt. Dabei erreichte sie eine beachtliche Gesamtlänge von 325 m. Eine große Besonderheit waren damals die acht Tragseile mit einer Gesamttragkraft von 2000 t. Sie konnte problemlos 5000 Personen zusätzlich zu ihrem Gesamtgewicht tragen, ohne dass irgendwelche Schäden entstanden. Klingt auf jeden Fall stabil und treibt vermutlich dem einen oder anderen Klaustrophobiker Schweißperlen auf die Stirn. Trotzdem machte sie zwei Tage nach ihrer Eröffnung Schlagzeilen. Plötzlich schwankte die Millennium-Bridge hin und her! Wie konnte das sein?
Wacklige Angelegenheit: Die Eröffnung der Millennium-Bridge in London
Das Projekt Millennium-Bridge wurde ab dem 28. April 1999 endlich umgesetzt. Die lang erwartete Eröffnung der neuen Fußgängerbrücke fand am 10. Juni 2000 statt, mit zwei Monaten Verspätung. Wo wir bei Zahlen sind: Wie viel kostete die Millennium-Bridge?
Mit 2,2 Mio. Pfund über dem eigentlichen Budget landeten die Kosten am Ende bei 18,2 Mio. Pfund. Kein kleines Projekt also. Vor allem zog die Brücke schnell nationale und internationale Presse an. Auch wenn es vielleicht nicht ganz so ablief, wie sich die Verantwortlichen das gewünscht hätten.
Lange währte die Freude nicht. Schon zwei Tage später wurde die Brücke wieder geschlossen. Die Millennium-Bridge schwankte – und das gewaltig. Bis zu 6 cm starke Bewegungen nach links und rechts: Da wurde so einigen arglosen Fußgängern schnell schwindelig. Aber woran lag es? Warum schwankte die Millennium-Bridge so sehr?
Warum schwankte die Millennium-Bridge?
Wie wir bereits aus den vorangegangenen Beispielen gelernt haben: Eigenfrequenzen können starke Auswirkungen haben. Aber im Gegensatz zu den Vorfällen damals wusste man Anfang der 2000er doch gut Bescheid. Berechnet wurde die Eigenfrequenz der Brücke zu Beginn tatsächlich mit 1 Hertz, also einer Schwingung pro Sekunde.
Für Fußgänger ein durchaus möglicher Takt, wenn auch eher ungewöhnlich. Aber wir erinnern uns: Es müssten sich annähernd alle im Gleichschritt bewegen, um diese Eigenfrequenz auch wirklich anzuregen. Einige einzelne Menschen reichten da nicht aus. Auch hier bedachten Ingenieure leider nicht die menschliche Natur, sich durch unbewusstes Verhalten selbst Probleme zu machen, wo eigentlich keine sein sollten.
Tatsächlich macht genau dieses problematische Verhalten in anderen Teilen unseres Lebens durchaus Sinn. Wir bewegen uns auf quer schwingenden Untergründen unbewusst mit, um das Gleichgewicht zu halten. Menschen passen ihren Gang dem Untergrund an: ob uneben oder nun einmal beweglich. Wie auf einem schwankenden Schiff. Das passiert ganz von selbst.
Im Fall der Wobbly-Bridge, wie die Londoner sie tauften, passten sich die Fußgänger unbewusst der Eigenfrequenz der Brücke an. Erst als die Schwankungen der Millennium-Bridge deutlich spürbar wurden, blieben sie stehen und hielten sich am Geländer fest. Dann hörten die Schwingungen auch auf. Bewegten sie sich weiter, fielen sie schnell wieder ins alte Muster und das Spiel begann von vorn.
Konnte die Millennium-Bridge repariert werden?
Es folgte eine umfassende Sanierung der Brücke, um die Horizontalschwingungen künftig zu minimieren. Zwei Jahre dauerte es, bis ein speziell entwickeltes Dämpfersystem der Millennium-Bridge zu neuem Halt verhalf. Kostenpunkt für die Brückensanierung: weitere 5 Mio. Pfund. Und hat sich das am Ende gelohnt?
Unter einigen Feldern der Brücke wurden diagonale Dämpfer verlegt. Insgesamt sorgten 58 neue Schwingungstilger von außen dafür, dass ein weiteres spürbares Schwanken der Millennium-Bridge in Zukunft ausblieb. Die Nachrüstung war erfolgreich und zeigte gleichzeitig, dass gerade horizontalen Schwingungen bei Brückenkonstruktionen zuvor einfach zu wenig Beachtung geschenkt worden war. Das Ingenieurwesen hat also wieder dazugelernt. Manchmal sind es nicht Bauwerke, die sich unberechenbar verhalten, sondern die Menschen, die sie am Ende nutzen.
Fazit: Die Millennium-Bridge heute
Und heute? Seit Februar 2002 führt die Millennium-Bridge tausende Fußgänger über die Themse. Sicher und ohne nennenswerte Schwankungen. Lediglich 2008 wurde die Brücke für zwei Tage für den Publikumsverkehr gesperrt. Gab es etwa wieder Probleme?
Tatsächlich nicht. Damals fanden auf der Brücke Dreharbeiten für den sechsten Teil einer Filmreihe statt, die so ziemlich jeder kennt. In der Hauptrolle ein jugendlicher Zauberer mit ungewöhnlicher Narbe im Gesicht. Im Verlauf des Films wurde die Millennium-Bridge zerstört – dieses Schicksal blieb ihr in der Realität glücklicherweise erspart.
Noch heute können Touristen und London-Enthusiasten von der Millennium-Bridge aus die bekanntesten Wahrzeichen der Stadt bestaunen. Ein echtes Monument der Jahrtausendwende und definitiv ein Highlight für jeden, der London von seiner schönsten Seite sehen will – ganz ohne quietschrote Busse oder andere Fahrzeuge, die ständig ins Bild fahren. Ein Besuch lohnt sich!