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6. November 2019

Erfassung des Schneesacks bei Höhensprüngen an Dächern nach EN 1991-1-3

Häufig befinden sich an Gebäuden Anbauten. Liegen die Dachebenen nicht in gleicher Höhe, muss dieser Höhensprung (falls er mehr als 0,5 m beträgt) bei der Schneelastannahme zusätzlich erfasst werden.

Neben der normalen Schneelast, welche auf das unten liegende Dach aufgebracht wird, ist eine Zusatzlast aus abrutschendem und verwehtem Schnee zu berücksichtigen. Diese beiden zusätzlichen Lasten werden dreieckförmig auf die Länge des Verwehungskeils ls verteilt.

Auch zusätzliche Stoßlasten infolge des vom höher gelegenen Dach abrutschenden Schnees müssen gegebenenfalls berücksichtigt werden.

γ Wichte des Schnees = 2 kN/m³
h Höhe des Deckensprungs
sk charakteristischer Wert der Schneelast auf dem Boden in kN/m²
sad Bemessungswert für außergewöhnliche Schneelasten auf dem Boden des betreffenden Ortes
Cesl Beiwert für außergewöhnliche Schneelasten
ls Verwehungslänge =

Ist die Länge des unten liegenden Daches b2 kürzer als die Länge des Verwehungskeils ls, dann sind die Lastordinaten am Dachrand abzuschneiden.

μ1 = 0,8 (unter der Annahme, das niedrigere Dach ist flach)
μ2 = μs + µw
μs = Formbeiwert für abgleitenden Schnee

α ≤ 15°: μs = 0
α > 15°: μs ergibt sich aus einer Zusatzlast, die dreieckförmig auf die Länge ls verteilt ist. Als Zusatzlast werden 50 % der resultierenden Schneelast auf der anschließenden Dachseite des höher liegenden Daches angesetzt.

μ Formbeiwert des höher liegenden Daches = 0,8 (unabhängig von der Dachneigung)
μw Formbeiwert für Schnee unter Berücksichtigung von Wind =

Zusätzlich kann die Summe der Formbeiwerte μw + μs wie folgt durch den Nationalen Anhang (Deutschland) begrenzt werden.

Allgemeiner Fall (ständige, vorübergehende Situation):
0,8 ≤ µw + μs ≤ 2,4

Seitlich offene und für die Räumung zugängliche Vordächer (b2 ≤ 3 m):
0,8 ≤ µw + µs ≤ 2

Für die alpine Region nach DIN EN 1991-1-3:2010-12 und DIN EN 1991-1-3/A1:2015-12, Bild C.2, gilt für Schneelasten sk ≥ 3,0 kN/m² die obere Begrenzung:
1,2 ≤ µw + µs ≤ (6,45 / sk0,9)

Außergewöhnlichen Einwirkungen (Norddeutsches Tiefland) generell:
0,8 ≤ µw + μs ≤ 2,4

Im Falle der außergewöhnlichen Einwirkung muss µw nicht größer angesetzt werden als
µw = ( γ ⋅ h ) / s
mit
sad= Cesl ⋅ sk

Bei Anordnung von Schneefanggittern oder vergleichbaren Einrichtungen darf auf den Ansatz von µs verzichtet werden.

Beispiel

  • b1 = 10 m
  • b2 = 5 m
  • h = 3 m
  • Dachneigung des höher liegenden Daches = 30°
  • A = 100 m
  • Schneelastzone 2
  • µ1 = 0,8
  • sk = 0,25 + 1,91 ⋅ ((A + 140) / 760)² ≥ 0,85 → 0,85 kN/m²

Gleichmäßig verteilte Schneelast auf dem unten liegenden Dach:
µ1 ⋅ sk = 0,8 ⋅ 0,85 kN/m² = 0,68 kN/m²

Länge des Verwehungskeils:

Formbeiwert für abgleitenden Schnee:
µs = 0,67

Formbeiwert für Schnee unter Berücksichtigung von Wind:

Begrenzung der Formbeiwerte (allgemeiner Fall):
0,8 ≤ µw + µs ≤ 2,4
µ2 = µw + µs = 2,5 + 0,67 = 3,17 → 2,4

µ2 ⋅ sk = 2,4 ⋅ 0,85 kN/m² = 2,04 kN/m²

In RFEM und RSTAB kann die Last aus Schneeverwehung und abrutschendem Schnee bequem als linear veränderliche Flächenlast aufgebracht werden. Bei Stabwerken kann die Last zum Beispiel mit dem Lastgenerierer aufgebracht werden.


Autor

Herr Baumgärtel betreut die Dlubal-Anwender im Kundensupport.

Links
Referenzen
  1. Eurocode 1: Einwirkungen auf Tragwerke - Teil 1-3: Allgemeine Einwirkungen, Schneelasten; EN 1991-1-3:2003 + AC:2009
  2. Nationaler Anhang - National festgelegte Parameter - Eurocode 1: Einwirkungen auf Tragwerke - Teil 1-3: Allgemeine Einwirkungen - Schneelasten; DIN EN 1991-1-3/NA:2019-04
  3. Albert, A.: Schneider - Bautabellen für Ingenieure mit Berechnungshinweisen und Beispielen, 23. Auflage. Köln: Bundesanzeiger, 2018
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